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Totale Tristesse. Propaganda und endlose Dokus über die Herrscherfamilie bestimmen das nordkoreanische TV-Programm. Ausländische Filme zu sehen ist streng verboten. Foto: dpa

© dpa

Fernsehen in Nordkorea: Zwei Kilo Reis für „Rambo“

Nordkoreanisches Fernsehen ist die totale Tristess: Propaganda und endlos Dokus über die Herrscherfamilie bestimmen das Programm. Doch wer DVDs ins Land schmuggelt, riskiert harte Strafen.

Joseph Park empfand es als „Kulturschock“, als er zum ersten Mal in Nordkorea heimlich einen US-Film ansah. Er habe im Haus eines Freundes gesessen, die Vorhänge zugezogen, erzählt der gebürtige Nordkoreaner. Zuerst hatten sie sich einen „legalen“ alten Film aus Zeiten der Sowjetunion angeguckt. Dann schob sein Freund ein Video mit dem Actionstreifen „Rambo“ ein. „Uns wurde erzählt, dass alle Amerikaner Bastards sind, doch Rambo bestrafte die bösen Mächte.“

Wohl in keinem anderen Land ist das Anschauen ausländischer Filme so gefährlich wie im abgeschotteten Nordkorea. Den Menschen drohen Strafen, wenn sie dabei erwischt werden, eingeschmuggelte Filme aus Südkorea anzusehen, wie nordkoreanische Flüchtlinge wie Park erzählen. Bei Razzien versucht die Polizei festzustellen, wo ausländische Filme in den Wohnungen versteckt sein könnten. Es drohen harte Bestrafungen, bis hin zum Arbeitslager. „Doch wir waren Teenager und uns kümmerte das nicht so sehr“, sagt der heute 30-jährige Student Park. Er lebt heute in Seoul. 2001 war er nach eigenen Angaben allein über China und die Mongolei nach Südkorea gekommen.

Endlose Dokus über die Herrscherfamilie

Jedes Jahr vergleicht die Organisation Reporter ohne Grenzen weltweit die Situation der Medien in den verschiedenen Staaten und Regionen. Auf ihrer Rangliste zur Pressefreiheit steht Nordkorea seit Jahren ganz unten. Fernsehgeräte wie Radios sind in Nordkorea voreingestellt, so dass nur staatliche Sender zu empfangen sind. Doch viele Nordkoreaner finden einen Weg, die Beschränkungen zu umgehen. Vor allem in den Grenzregionen wird südkoreanisches oder chinesisches Fernsehen oder Radio empfangen. Neben Kurzwellenradios und Filmen auf DVD-Videoformat oder USB-Speichersticks werden auch DVD-Spieler mit oder ohne USB-Eingang eingeschmuggelt – meistens über China. Einen Internetzugang gibt es in der Regel nicht. „Radio aus Südkorea hat für mich eine viel größere Bedeutung gehabt“, sagt Park.

Das nordkoreanische TV-Programm sei zum größten Teil Propaganda. Die Menschen würden mit endlosen Dokumentationen und Filmen über den früheren Staatschef Kim Il Sung und seine Herrscherdynastie bombardiert, erzählt Park. Im Ausland sind mittlerweile auch nordkoreanische Nachrichtensprecherinnen mit ihrem zum Teil feierlich-oratorischen Vortragsstil oder den wüsten Beschimpfungen der Regierungen in Südkorea oder den USA zu einiger Berühmtheit gelangt.

Viele Dorfbewohner teilen sich einen Fernseher

Nordkoreaner mögen Fernsehen, auch wenn sie nicht zu sehr am offiziellen Programm interessiert seien, sagt Lee Yun Keol. Der Leiter des Instituts Strategischer Informationsdienst über Nordkorea in Seoul hat im kommunistischen Nordkorea studiert. „Es gibt täglich Filme, doch die meisten dienen der Verherrlichung (der Führung).“ Beliebt seien Kinderfilme und Serien.

Es gibt drei Sendeanstalten für die Inlandsversorgung, die Zentrale Fernsehstation sowie die Kaesong-Fernsehstation. Dazu kommt die Mansudae-TV-Station für Ausländer im Land. Die Ausstrahlung ist werktags auf 5 Uhr bis 23 Uhr und am Wochenende auf 9 Uhr bis 23 Uhr beschränkt. Zweimal am Tag gebe es Nachrichten. Mindestens einmal am Tag komme dazu eine Dokumentation zur Idolisierung der Kim-Herrscherfamilie, sagt Lee. Doch nicht jeder Haushalt verfügt über einen TV-Apparat. „In einigen Dörfern gibt es nur ein oder zwei Geräte“, erzählt Park. Viele Dorfbewohner kämen in dem Haushalt mit einem Fernseher zusammen. Dazu kommen fast tägliche Stromausfälle, durch die nicht nur der Fernsehkonsum unterbrochen wird.

Um Informationen über die Außenwelt zu erhalten, aber auch um sich zu unterhalten, sehen sich Nordkoreaner deshalb ausländische TV-Serien an – wenn auch längst nicht überall. Besonders südkoreanische TV-Seifenopern haben es vielen angetan. Seit etwa Ende der 90er Jahre bröckelt die Informationsblockade immer mehr, wenn auch nur langsam. „Innerhalb von ein bis zwei Monaten verbreiten sich südkoreanische TV-Serien“, weiß Lee zu berichten. Einige Nordkoreaner würden von Geschäftsreisen DVD-Träger mitbringen. Für einen Film müssten die Menschen zwischen 0,5 bis zwei Kilogramm Reis berappen. „Das hängt ganz von der Popularität ab.“ Dirk Godder, dpa

Dirk Godder[Seoul]

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