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Fernsehen: Junkies der Macht

In der ARD-Doku "Politik. Macht. Sucht." forscht Jürgen Leinemann über die Droge der Politiker. Im Mittelpunkt stehten die Intrigen um den Rücktritt Edmund Stoibers.

Wenn Jürgen Leinemann von der Droge Politik und dem Suchtverhalten von Politikern spricht, meint er dies wörtlich und keineswegs als Metapher. Am eigenen Leib hat der „grand old man“ des „Spiegel“ erfahren, was Abhängigkeit bedeutet. Seitdem durchleuchtet er skeptisch den Politikbetrieb auf entsprechende Befunde hin. In seinem Buch „Höhenrausch“ hat er das Thema en détail ausgearbeitet. Nun kommt Leinemann mit dem gleichen Anliegen als Autor und Zeuge ins Fernsehen: „Politik. Macht. Sucht.“ heißt seine Dokumentation. Politiker, die nicht am Sessel klebten oder sich elegant aus dem Politikbetrieb verabschiedet haben, kommen nicht vor; dafür zeichnet Leinemann fein die Intrigen um den Rücktritt Edmund Stoibers nach.

Leinemann ist überzeugt, dass Stoiber „in zu großem Maße seine Existenzberechtigung aus seiner Tätigkeit bezieht.“ Im E-Mail-Verkehr rund um Wildbad Kreuth fühlte sich Horst Seehofer zunächst übergangen, umso kräftiger mischte er später mit. Seehofer räumt auch für sich Suchtgefährdung ein, hält sich aber zugute, dass die Intensität seines Erlebens nachgelassen habe. Zu Wort kommen junge Politiker aller Fraktionen, die zunächst relativ selbstgewiss behaupten, jederzeit ohne Entzugserscheinungen umsatteln zu können – bei Nachfragen aber zugeben, dass auf dem Planeten Politik besondere Gefährdungen lauern. Funktionierende demokratische Institutionen müssten folglich – so Leinemanns Credo – immer auch organisiertes Misstrauen gegen die menschlichen Schwächen sein. Bernd Gäbler

„Politik. Macht. Sucht.“, ARD, 23 Uhr 45

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