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Fernsehen: Sex auf Schloss Einstein

Alles neu bei der Kika-Serie: Umzug nach Erfurt, neue Kulisse, neue Themen.

Ein erfolgreiches Team sollte man nie verändern. Der MDR aber hat gründlich gegen diese Regel verstoßen und das „winning team“ der Kika-Serie „Schloss Einstein“ für die neue Staffel nicht nur verändert, sondern fast komplett ausgewechselt – nicht aber zum Nachteil des Produkts. Die Serie, ausgestrahlt seit 1998, war etwas in die Jahre gekommen. In solchen Momenten macht man entweder weiter wie bisher und schaut zu, wie die Begeisterung des Publikums langsam abnimmt – oder man drückt die „Reset“-Taste.

Genau das hat Karl-Heinz Staamann gemacht. So ist die wöchentliche Kinder-Serie samt ihrer Kulisse von Potsdam nach Erfurt umgezogen, wo auch der Kika seinen Standort hat. Die ersten 480 Folgen waren auf dem Studiogelände in Babelsberg produziert worden. Für Synergieeffekte war das lästig: Auftritte, etwa in der Talkshow „Kika live“ waren kaum möglich, weil die jungen Darsteller von Berlin nach Erfurt hätten reisen müssen. Deshalb wird „Schloss Einstein“ jetzt im brandneuen Erfurter Kindermedienzentrum produziert, buchstäblich einen Steinwurf vom Kika entfernt; das Internat befindet sich nun nicht mehr in Brandenburg, sondern in Thüringen.

Und es sieht völlig anders aus: Neue Kulisse ist Schloss Neideck in Arnstadt, ein Anwesen mit prächtigem Garten und wunderbaren Katakomben, die schon gleich in der ersten Folge einen prima Drehort abgeben. Ohnehin wird die Handlung in Zukunft öfter draußen stattfinden als bisher, weil man vom Erfurter Medienzentrum ohne größeren Aufwand in den nahen Park ausweichen kann. Trotz eines insgesamt kostspieligeren Looks ist es der produzierenden Saxonia Media gelungen, die Serie mit einem Minutenpreis von rund 5000 Euro nach wie vor extrem sparsam herzustellen.

All das aber interessiert die Zielgruppe natürlich nicht. Sie will vor allem weiterhin Geschichten, die nahe am Alltag der Kinder und Jugendlichen sind. Auch in dieser Hinsicht hat sich einiges getan. Als Staamann vor zwei Jahren die Leitung der MDR-Redaktion Kinder/Soziales übernahm, war er zwar voller Respekt für die Arbeit der „Einstein“-Macher, fand aber auch, dass sich die Serie stärker den veränderten Sehgewohnheiten anpassen müsste. Dazu gehört der Abschied von der ABC-Philosophie, die der mittlerweile verstorbene „Einstein“-Vater Dieter Saldecki geprägt hatte: Abenteuer, Beziehung und Comedy – aus diesen Ebenen bestand für Saldecki das Erfolgsgeheimnis der Serie. Wenn Staamann von A-, B- und C-Strängen spricht, meint er damit nicht gleichwertige Handlungsebenen, sondern einen Haupt- und zwei Nebenstränge. Deshalb konzentriert sich die erste Folge auf den zwölfjährigen Max, der seine Eltern nicht nach China begleiten, sondern wie seine Schwestern ins Internat will. Kurzerhand macht er sich aus dem Staub. Eher beiläufig wird eine Figur eingeführt, die das Geschehen in der Folge 482 dominiert: Paulina Pasulke (14) ist zunächst ein Gegenentwurf zu Max, sie fühlt sich von ihrer Mutter ins Internat abgeschoben. Dass dort auch noch ihr Onkel auf sie aufpassen soll, gefällt ihr nicht. Hausmeister Pasulke, der gewissermaßen zum „Einstein“-Inventar gehört, ist neben zwei Lehrern übrigens eine der wenigen Figuren, die mit nach Erfurt umgezogen sind.

In Folge 483 wird es dann diffizil: Coco (14) glaubt, ihr Freund Manuel (15) wird sie erst richtig lieben, wenn sie mit ihm schläft. Liebe gab’s zwar auch schon früher bei den „Einsteins“, Sex aber noch nie.

Die Serie ist damit endgültig in der Lebenswelt ihrer zwölf bis 14 Jahre alten, überwiegend weiblichen Zielgruppe angekommen, die „Schloss Einstein“ regelmäßig bis zu 30 Prozent Marktanteil garantiert; und für sie ist das „erste Mal“ durchaus ein Thema.

„Schloss Einstein“, 16 Uhr 50, Kika

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