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Rami Hamze hat ein Herz für die Bewohner von Köln-Kalk

© WDR/Babak Behrouz/HUPE Film

Fernsehexperiment in Köln: Kalk für alle

In „Der große Demokrator“ erzählt Rami Hamze, wie er ein Kölner Viertel mit 10 000 Euro beglückt oder auch nicht

Was geschieht in einem Stadtteil, wenn ein junger Idealist den Bürgerinnen und Bürgern 10 000 Euro zur freien Verfügung stellt? Und darüber einen Film drehen will? „Kalk für alle“ nennt Autor und Regisseur Rami Hamze sein Projekt, mit dem er bürgerschaftliches Engagement in Köln-Kalk anstoßen will. Das traditionelle Arbeiterviertel wandelt sich gerade durch den Zuzug junger Familien, durch Sanierung und Baumaßnahmen – ein Fall klassischer Gentrifizierung. Das Geld hat sich Hamze bei Freunden aus der Medienbranche geliehen und ein Ladenlokal angemietet. Er verteilt Handzettel und rührt in lokalen Medien die Werbetrommel, er weckt Interesse, stößt aber auch auf Skepsis. „Mach’s doch da, wo du wohnst“, ruft eine Kalkerin. Ein anderer hält das nur für einen „Zirkus, wo der Dompteur seinen Spaß hat“.

Dabei bemüht sich Rami Hamze, ein schlaksiger Typ mit orangefarbener Pudelmütze über den schwarzen Haaren, sichtlich darum, dass auch die Zuschauer Spaß haben. Seine basisdemokratische Idee garniert er mit einem als Clown verkleideten Praktikanten als Sidekick und viel Selbstironie. „Die Leute sagten: Kalk hat auf dich gewartet. Alle gratulierten mir“, kommentiert der Deutsch-Palästinenser trocken den zwiespältigen Empfang. Seinen kurzweiligen Film hat er „Der große Demokrator“ genannt, eine unverschämt großspurige Anspielung auf Charlie Chaplins Hitler-Satire „Der große Diktator“. Und in den Kommentaren tobt er seinen Hang zu lustigen Kalenderweisheiten und Sprichwörtern aus. Zum Beispiel: „Nur weil du einen Bart hast, bist du noch lange kein Prophet.“

Experimenteller Trip durchs Veedel

Hamze ist ein sympathischer, lockerer Zeitgenosse, dem man gerne bei seinem experimentellen Trip durchs Kalker Veedel folgt. Aber seine bisweilen kokett zur Schau getragene Naivität glaubt man nicht immer. „Was hatte ich mir eigentlich vorgestellt: dass sich alle lieb haben, weil Hamze das so will?“, bemerkt er, als die verschiedenen Initiativen, die sich um das Geld balgen, in einem großen Palaver aneinandergeraten.

Rami Hamzes Filmprojekt, das noch vor dem verstärkten Zuzug von Flüchtlingen realisiert worden war, hat durchaus etwas angestoßen in Köln-Kalk. Zwei Initiativen gewannen die meisten Unterstützer und teilten sich das Geld. Das Ladenlokal wird auch über die Dreharbeiten hinaus als Treffpunkt genutzt.

„Der große Demokrator“ erzählt ganz ernsthaft vom Zusammenleben in urbanen, sich wandelnden Räumen. Davon, dass sich „immer die gleichen Leute aus immer der gleichen Schicht“ engagieren, wie Hamze frustriert bilanziert. Bildungsbürger, die Spielplätze bauen, Hubschrauber-Landeplätze verhindern oder einen Meditations-Raum errichten wollen. Migranten sind nur wenige darunter, man lebt eher nebeneinanderher als miteinander. Auch in einem türkischen Café wirbt Hamze für „Kalk für alle“, ohne Erfolg. Er solle die 10 000 Euro doch lieber für die armen Kinder in Afrika spenden, schlägt einer vor. Überhaupt wäre es besser, wenn in Kalk mehr Deutsche und weniger Ausländer leben würden.

„Man kann sich eine bestimmte Form des Zusammenlebens wünschen, aber meist kommt die Realität dazwischen“, bilanziert Hamze. Thomas Gehringer

„Der große Demokrator“, WDR, Mittwoch, 23 Uhr 25

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