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Der oder doch der andere? Nach 43 Jahren wilder Ehe will Betty (Senta Berger) ihren Peter (Günther Maria Halmer, links) heiraten. Doch die Daueraffäre mit Leo (Michael Wittenborn) macht die Angelegenheit kompliziert. Foto: ZDF

© ZDF und Conny Klein

Filmgratulation zum 75. von Senta Berger: Die Schwere im Leichten

„Die Hochzeit meiner Eltern“: Das ZDF gratuliert der famosen Schauspielerin Senta Berger zum 75. Geburtstag

Das Große liegt bei ihr gerade auch im Kleinen. In den vermeintlich unbedeutenden Gesten, in einem länger gehaltenen Blick, in einem Lächeln, das auf eine vielleicht verlegene oder aber unpassende Äußerung folgt. Senta Berger ist eine Meisterin des Minimalismus. Ihre Frauenfiguren sind stark und unabhängig, sind emotional und warm. Sie selbst, eine Kluge, eine Streitbare, ist die authentische Verbindung aus Wiener Schmäh, Grande Dame und natürlicher Erdung. Sie gehört zu den wenigen Stars, denen das Publikum nur Gutes wünscht.

In dem neuen Fernsehfilm „Die Hochzeit meiner Eltern“ – den das ZDF anlässlich ihres 75. Geburtstags am Freitag ausstrahlt – ist die gebürtige Wienerin in der Rolle der Betty zu sehen, die bereits seit 43 Jahren mit Peter (Günther Maria Halmer) in wilder Ehe lebt.

Peter - oder doch Leo?

Drei Kinder haben sie – Simone (Anja Kling, die als herrlich problembeladene protestantische Pfarrersgattin mit dicker Hornbrille, streng glatt gekämmtem Haar und hochgeschlossener Bluse kaum wiederzuerkennen ist), Alexander (Nicholas Ofczarek) und die junge Liv (Anna Fischer). Im Laufe der vielen Jahre hat der Peter die Betty sechs Mal gefragt, ob sie ihn heiraten will, und die Betty hat dem Peter sechs Mal einen Korb gegeben. Nur die Götter wissen, warum. Wobei: Da gibt es noch den Leo (Michael Wittenborn) in Bettys Leben, Architekt und früherer WG-Mitbewohner, der seit vielen Jahren charmant um Betty buhlt.

Der Leo, das ist die Pikanterie, ist auch heute noch Bettys heimlicher Liebhaber. Niemand ahnt etwas davon. Auch Peter nicht, als er sich unverhofft in der Situation findet, dass Betty ihm erstmals ihrerseits einen Heiratsantrag macht. Einfach so, draußen auf der Straße, als sie sich von der Geburtstagsfeier von Töchterchen Liv wegstehlen. Erst tags zuvor verbrachte die lebenszugewandte Betty den Nachmittag im Bett – mit Leo. Am Tag des eher improvisierten Hochzeitsfestes, zu dem die ganze Familie geladen ist, kommt es schließlich sukzessive zum Eklat. Nicht nur die Eltern haben ihre Geheimnisse und Probleme, sondern auch jedes der drei Kinder, allen voran Simone, die auf Livs Feier einen One-Night-Stand mit Livs Freund Adam (Max Hemmersdorfer) hatte und nun schwanger ist. Wie das ihrem Gatten Friedrich (Thomas Huber), dem Pastor, beibringen? Als die Betty schließlich Simone ein lange gehütetes Geheimnis eröffnet und Leo uneingeladen im Garten steht – da ist nichts mehr, wie es zuvor einmal war.

Seit 1961 mit Michael Verhoeven verheiratet

Mit Senta Berger – die zusammen mit Hollywood-Stars wie Kirk Douglas, Charlton Heston, Dean Martin und Yul Brynner in den 1960er Jahren vor der Kamera stand, bevor sie 1969 nach Europa zurückkehrte –, mit dieser hochkarätigen Vollblutschauspielerin wird jeder Fernsehfilm zu etwas ganz Eigenem, Besonderem. Die seit 1966 mit Regisseur Michael Verhoeven verheiratete, in München lebende Schauspielerin, die 1961 mit der Simmel-Verfilmung „Es muss nicht immer Kaviar sein“ ihren Durchbruch hatte, bringt auch in Connie Walthers schöner Tragikomödie „Die Hochzeit meiner Eltern“ ihren eigenen Ton mit ein. Einen an Nuancen und Färbungen so reichen Zwischenton. Regisseurin Connie Walther, die mit Senta Berger bereits bei dem Sozialdrama „Frau Böhm sagt Nein“ (2009) zusammenarbeitete, hat das Drehbuch von Sophia Krapoth bearbeitet und sehr feinfühlig inszeniert (einzig die letzten zehn Minuten kommen überraschend ungelenk daher) – so ist dieser Film ganz wunderbar austariert zwischen Tragischem und Komischem, zwischen der Schwere und der Leichtigkeit, die die Dinge des Lebens mit sich bringen.

„Die Hochzeit meiner Eltern“ seziert auf unaufdringliche und unprätentiöse Weise mit scharfem, liebevollem Blick eine langjährige Verbindung mit all ihren unvermeidlichen Hochs und Tiefs und zeigt dabei seismografisch auf, welche Auswirkungen das (Fehl-)Verhalten einzelner Familienmitglieder untereinander haben kann. Einem Dominosteinchen-Effekt gleich kommen die nunmehr gelüfteten, teils sehr schmerzlichen Wahrheiten und ihre unausweichlichen Konsequenzen. Das Ensemble, dessen Kern Senta Berger ist, spielt dies stets glaubwürdig, ohne zu überhöhen. Eine Familienfeier draußen im eigenen Garten, mit weißen wehenden Stofftüchern als Dach, alle an langer Tafel sitzend – einem kleinen Panoptikum von uns Mitmenschen ähnelnd.

„Die Hochzeit meiner Eltern“, ZDF, Donnerstag, 20 Uhr 15

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