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Games-Messe E3: Wirklich neues Spielzeug sieht anders aus

Die Geschäfte der Games-Industrie laufen nicht so gut wie erwartet. Das liegt auch daran, dass der Branche die Ideen ausgehen. Die Spielemesse E3 enttäuscht.

Mit feixendem Grinsen steht der blonde Mittvierziger in Hemd und Krawatte auf der Bühne des Los Angeles Convention Center. "Bin ich verrückt, oder habe ich kürzlich hundert französische Akrobaten durch die Arena tänzeln sehen? Ich hörte, es waren blaue Ponchos im Angebot." Mitleidig verzieht Kevin Butler das Gesicht, die Menge johlt. Butler ist eine bekannte Werbefigur von Sony, sein Spott richtet sich gegen Microsoft, das hier zwei Tage zuvor seine Bewegungssteuerung Kinect mit großem Brimborium präsentiert hat. Sony wird mit Move selbst ein ähnliches Produkt auf den Markt bringen – und scheut sich nicht, den Konkurrenten der Lächerlichkeit preiszugeben.

Auf der weltgrößten Spielemesse E3 buhlen die Konsolenhersteller Sony, Microsoft und Nintendo noch bis zum 17. Juni um die Gunst der Gamer. Wer den prestigeträchtigen Kampf gewinnt, darf im Vorweihnachtsgeschäft auf hohe Umsätze hoffen.

Für die Games-Industrie steht bei der E3 eine Menge auf dem Spiel. Die letzten sechzehn Monate sind für die Publisher nicht gerade blendend verlaufen. Die Umsätze bei Games und Konsolen blieben hinter den Erwartungen zurück. "Das setzt die diesjährige E3 unter enormen Druck", sagt Jesse Divnich von der amerikanischen Analystenfirma EEDAR. Neue Technologien wie die Bewegungssteuerung oder 3D Gaming sollen sowohl Gelegenheits- als auch Intensivspieler begeistern, sagt er.

Das US-Magazin Wired sieht die Entwicklung nüchtern: "Wie immer geht es bei der E3 um die Zukunft der Videospiele. Aber es geht auch darum, die Zukunft so lange wie möglich aufzuschieben: Anstatt neue Konsolen herauszubringen, fügen die großen Unternehmen ihren bereits im Verkauf befindlichen Systemen lieber neue, auffällige Technologie bei." Nur so lasse sich der Lebenszyklus von Playstation 3 und Xbox 360 verlängern.

Das Thema 3-D ist vor allem für Sony von immenser Bedeutung. Mit einem Software-Update wurde die Playstation 3 bereits für die dritte Dimension fit gemacht; passende Spiele wie Gran Turismo 5 oder Motorstorm: Pacific Rift sollen auch den Absatz von 3-D-Fernsehern und Spezialbrillen steigern. Viele Verbraucher schrecken allerdings noch vor der teuren Hardware zurück, Sony selbst rechnet erst für 2012 mit einem Durchbruch. Umso erstaunlicher ist, was Konkurrent Nintendo auf der E3 präsentiert: Die Mobilkonsole 3DS liefert dreidimensionale Bilder – und das ganz ohne Spezialbrille. Die Darstellung ist erstaunlich plastisch, erfordert jedoch einen konstanten Betrachtungswinkel. Zum Markterfolg dürfte auch die stereoskopische Kamera beitragen, die eigene 3-D-Aufnahmen ermöglicht. Herausbringen will Nintendo den 3DS bis März 2011.

So sehr die Firmen auf neue Hardware setzen, so wenig Einfallsreichtum beweisen sie beim Gros der Games auf der E3. Branchenriese Electronic Arts ist dafür bekannt, seine erfolgreichen Spiele in Sequels auszuschlachten: So verwundert es auch nicht, dass der Publisher auf der Messe mit Titeln wie Dead Space 2, Crysis 2, Need for Speed: Hot Pursuit oder Tiger Woods PGA Tour 11 antritt.

Mit dem Ballerspiel Medal of Honor dürfte EA die gewollte öffentliche Empörung sicher sein: Schauplatz des Shooters ist Afghanistan. Auch Publisher THQ bedient kräftig das Freund-Feind-Schema: In Homefront besetzen nordkoreanische Soldaten die USA – das Skript stammt übrigens von Cold-War-Regisseur John Milius (Die rote Flut).

Wer weniger martialische Unterhaltung schätzt, darf sich auf Portal 2 freuen: Die Fortsetzung des originellen Raumrätsels soll 2011 erscheinen. Zum Start der Bewegungssteuerungen Move und Kinect wird es eine ganze Reihe von Games geben, viele davon aus dem Fitness-Genre. Der spannende Thriller Heavy Rain erhält ebenso Move-Unterstützung wie das psychedelische Child of Eden von Tetsuya Mizuguchi, der im Jahr 2002 auch den "Synästhesie-Shooter" Rez herausgegeben hat. Zelda-Fans dürften 2011 mit dem Wii-Titel Skyward Sword auf ihre Kosten kommen. Schon in diesem Herbst wird mit Epic Mickey Disneys berühmteste Maus auf der Wii debütieren – in einem Action-Adventure von Gamedesign-Legende Warren Spector (Deus Ex, Ultima-Reihe).

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