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Medien: Ganz was Feines

Daniel Hartwich kann Dirk Bach ersetzen, die Kandidaten sind clever – „Dschungelcamp“ VII ist gestartet.

Man müsste an dieser Stelle eigentlich darüber schreiben, wie der Neue (Daniel Hartwich) und ob der Abschied vom alten Moderator des RTL-Dschungelcamps „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ (Dirk Bach) gelungen war. Ob dieser jenem das Wasser reichen kann. Und ob der dreiminütige Abspann mit Dirk-Bach-Dschungelszenen zu trauriger Musik am Ende der ersten Folge der siebten Staffel auf gute Weise pathetisch oder auf unangenehme Art kitschig war. Man kann diese Sachen auch schnell abhandeln: Die Erinnerung an Bach war schon allein deshalb so charmant, weil sie nach dem Dreck, der in den vorangegangenen fast drei Stunden der Eröffnung bereits über die Kandidaten der diesjährigen „Dschungelcamp“-Ausgabe ausgeschüttet worden war, eins klar machte: Dass selbst in knochenharten TV-Zynikern das Licht der Liebe brennt.

Daniel Hartwich seinerseits hat sich als souveräner Ablieferer von Sätzen wie „Im Vergleich zum Berliner Flughafen ist Helmut Berger schon ziemlich fertig“ erwiesen. Mit der plakativen Distanz zu sich selbst und zur Trashbranche, die ihm schon dort gut stand, passt er ins „Dschungelcamp“. Schade nur, dass er in Redepausen aussieht wie ein vor die Kamera gelaufener Gagschreiber.

Dies alles ist jedoch nicht der Rede wert im Angesicht der Tatsache, dass „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ von Jahr zu Jahr schlicht besser wird. Und zwar ebenso wenig durch neue Moderatoren wie durch die zuverlässige Besetzung der Planstellen Knuddeldepp (im letzten Jahr Ochsenknecht-Sohn Rocco Stark, in diesem Jahr Casting-Nobody Joey Heindle), Modelzicke (Fiona Erdmann tritt in die Fußstapfen von Sarah „Dings“ Knappik aus der fünften Staffel) und Freak-Opa (Mathieu Carrière, Rainer Langhans, jetzt Helmut Berger) bei den Kandidaten. Was ist es dann? Die Sadozuspitzungen der Lebensbedingungen im Camp, mit immer größeren Schikanen, immer weniger Betten und immer mehr auf Krawall gebürsteten Casting- und Bachelor-Sternchen? Das hätte RTL wohl gerne, würde es den Erfolg von Schrottfernsehen doch plan-, kopierbar und billig machen. Doch schade: Was das „Dschungelcamp“ so zauberhaft macht, ist, dass es längst Legende ist und sich just dadurch verändert, fortentwickelt, zu einem einzigartigen Spiel mit den eigenen Regeln wird. Die Kandidaten wissen, worauf sie sich einlassen – und machen das daher von Jahr zu Jahr besser.

Wie sich in der Auftaktfolge der erfolglose Sänger Silva Gonzalez gleich mit der selbstironischen Selbstauskunft „Frau weggelaufen, pleite – alle Klischees erfüllt” vorstellte; wie später im Camp Drag Queen Olivia Jones das „Dschungeltelefon“ suchte und dabei halblaut und herrlich unernst die Verschiedenheit von Fernsehen und Realität reflektierte. Das alles macht Lust, sich mit der Versuchsanordnung „Dschungelcamp“ zu befassen; mit dem guten Gefühl, dass immer mehr Insassen sich nicht als Opfer preisgeben, sondern einen eigenen Dreh finden.

Für TV-Deutschland und gerade für die erklärten Gegner des Formats bedeutet diese Staffel eine mehr als ernsthafte Chance, eine Grundregeln für selbstbewusste Kulturkonsumenten zu lernen: Dass auch etwas fein sein kann, das von seinen Produzenten kreischig gemeint ist. Olivia Jones könnte dabei in vielerlei Hinsicht eine entscheidende Rolle spielen.

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