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Geld schießt Quoten: Der Ball muss im Netz zappeln

Der Kampf um die attraktivsten Bundesliga-Berichte greift aufs Internet über. Bild.de wird noch vor der ARD-"Sportschau" die Höhepunkte eines jeden Spiels zusammenfassen.

Das Publikum applaudierte, Reiner Calmund war sichtlich zufrieden. Gerade hatte er den Kalauer gelandet, bis vor wenigen Jahren hätte er „App“ noch für einen Fußballspieler gehalten. Das Publikum war amüsiert. Dann gab er zu, inzwischen informiere aber selbst er sich im Internet über die Fußball-Bundesliga. Der frühere Geschäftsführer von Bayer Leverkusen war am Montagnachmittag Gast eines Panels auf der Medienwoche, das die künftigen Trends bei der Bundesliga-Vermarktung behandelte.

Eine These hatte Sky-Vorstand Carsten Schmidt schnell parat. Immer bessere Übertragungsweisen würden die Nutzung des Internets für Sport-Übertragungen weiter voranschreiten lassen. Erst im April erwarb Sky Deutschland umfassende Medienrechte, um die Bundesliga ab 2013 für vier weitere Spielzeiten live übertragen zu können – neben Satellit, Kabel und Terrestrik auch per Web-TV, IP-TV und Mobile-TV. Dafür zahlt Sky durchschnittlich 487,5 Millionen Euro pro Saison. Eine Rekordsumme.

Eine noch größere Überraschung lieferte damals nur der Einstieg des Springer-Konzerns in das Übertragungsgeschäft. Der Verlag sicherte für Bild.de die Rechte, um ab der kommenden Saison Spiel-Zusammenfassungen der beiden Ligen im stationären und im mobilen Internet anzubieten. Das erstmals ausgeschriebene Paket weckte großes Interesse. Knapp zehn Unternehmen sollen sich beworben haben, darunter auch Google. Die Bundesliga im Netz lockt.

„Wir haben eine große Vision“, sagte Donata Hopfen, Geschäftsführerin von Bild digital bei der Podiumsdiskussion. Für das Video-on-Demand-Angebot werden die Nutzer zahlen müssen. Wie das geschehen wird, ob im Abo, Paket oder Einzelverkauf und zu welchem Preis steht bisher nicht fest. An dem Projekt wird bei Bild digital mit hohem personellen Einsatz gearbeitet, es könnte die gewohnten Kräfteverhältnisse der Medien-Liga verändern. Bereits eine Stunde nach Abpfiff können die „Highlight-Clips“ zwischen 90 Sekunden und sechs Minuten Länge auf Bild.de abgerufen werden. An einem Samstag wäre das um 18 Uhr 15. Noch vor Beginn der „Sportschau“ in der ARD, die das vom Springer-Konzern erworbene Rechtepaket ebenfalls haben wollte, aber nicht zu dem bezahlten Preis, der mit einer niedrigen zweistelligen Millionensumme kolportiert wird. Beunruhigen lassen will sich ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky davon nicht. Er vertraue auf das Ritual des Publikums, die Spiele am Samstag in der „Sportschau“ zu schauen. Verändern werde sich die Sendung nicht. „Wir bleiben, was wir sind.“ Auch das Erste geht mit der Zeit. „Die Sportschau“ wird parallel im Internet live verbreitet – die Stream-Erfolge von ARD und ZDF bei Olympia 2012 zeigen Wirkung.

Der Springer-Auftritt soll die Tonlage der Liga-Nachberichterstattung im Netz verändern. Wer Bild.de anklickt, kennt die Ergebnisse der Spiele. „Deshalb müssen wir eine eigene Form finden, Geschichten zu erzählen“, sagte Donata Hopfen. Das soll so klingen, als hätte ein „Bild“-Reporter sie geschrieben. Hopfen machte das an folgendem Beispiel deutlich. Wenn Bild.de bereits am vergangenen Wochenende das Spiel Hamburger SV gegen Werder Bremen übertragen hätte, wäre die Geschichte um die Rückkehr von Stürmer Rafael van der Vaart und seiner Frau Sylvie nach Hamburg deutlich mehr Platz als in der „Sportschau“ eingeräumt worden.

Mehr Wettbewerb gibt es zudem in einem weiteren Sektor der Liga-Vermarktung. Denn Sky verhandelt sowohl mit Vodafone und als auch mit der Deutschen Telekom über Liga-TV im IP-TV-Bereich. Bisher hatte die Telekom für die Besitzer von DSL-Anschlüssen inklusive „Liga Total!“ eine umfassende Live-Berichterstattung angeboten. Im April bekam Sky auch für IP-TV den Zuschlag. Die eigenen Inhalte wolle man einem geeigneten Partner zur Verfügung stellen, sagte Schmidt. Mit diesen Erlösen will Sky die Kaufsumme von fast zwei Milliarden Euro für die Medienrechte drücken.

Die Nachfrage darf als sicher gelten. Während die Anzahl der Kabel- und Satelliten-Anschlüsse auf hohem Niveau – Kabel nutzen 18,2 Millionen, Satellit 17,3 Millionen – stagniert, verdoppelte sich in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der Haushalte, die DSL-TV empfangen, auf knapp 1,6 Millionen. Laut „Digitalisierungsbericht 2012“ schreitet die Digitalisierung der TV-Empfänger weiter fort. Auch bedingt durch die Abschaltung des analogen Satellitensignals nutzen inzwischen 77,8 Prozent der deutschen Haushalte digitale Empfangsgeräte. Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um zehn Prozent. Das Wachstumspotenzial insbesondere bei Kabel-Haushalten ist weiterhin groß, erst knapp die Hälfte von ihnen empfängt ein digitales Signal.

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