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Früher wurden Muslime auch als "Mohammedaner" bezeichnet. Heute ist der Begriff abwertend, erläutert das Glossar.

© dpa

Glossar der "Neuen deutschen Medienmacher": "Kanake" schreibt man nicht

Sagt man Muslim oder doch Mohammedaner? Türkischstämmig oder türkeistämmig? Die "Neuen deutschen Medienmacher" haben ein Glossar herausgegeben, das Formulierungshilfen bietet. Einige Themenfelder: Asyl, Migration, Islam.

Das wird man doch mal sagen dürfen! Oder schreiben! Oder senden! Oder? Wer in das vor kurzem erschienene Glossar der „Neuen deutschen Medienmacher“ (NdM) blickt, wird bald feststellen: nicht wirklich. Die Broschüre, die „Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland Deutschland“ bietet, klärt zunächst einmal Fakten, die jedem Bürger und erst recht jedem Journalisten heutzutage klar sein müssten: etwa, dass „Kanake“ kein Kosewort ist. Einmal abgesehen von diesem Plakativ-Beispiel finden sich im Glossar aber durchweg wissenschaftlich fundierte Erklärungen, warum man bestimmte Bezeichnungen nicht und andere wiederum häufiger verwenden sollte. Unterteilt ist die Formulierungshilfe in fünf Themenbereiche, die angesichts von Pegida und Co. aktueller kaum sein könnten: Migration, Asyl, Islam, Kriminalitätsberichterstattung und die Rubrik: „Wer sind ,wir‘, wer sind ,die Anderen‘?“

Die „Neuen deutschen Medienmacher“, die die Broschüre herausgegeben haben, sind ein Zusammenschluss von Medienschaffenden mit und ohne Migrationsgeschichte. „Wir sind nicht die besseren Journalisten. Aber auch nicht die schlechteren“ steht auf der Homepage der Organisation, die auch vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterstützt wird. Das Amt übernahm die Druckkosten für das Glossar, das Anfang Dezember in einer Auflage von 2500 Stück erschien. Da es laufend aktualisiert und erweitert wird, soll es bald auch Nachdrucke geben. Bedarf und Nachfrage sind groß: Für den korrekten Wortschatz in den genannten Themefeldern interessieren sich nicht nur die Redaktionen des „Spiegel“ oder der ARD, sondern auch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg sowie Universitäten und Journalistenschulen. Für den harten Kern von rund zwölf Experten aus Wissenschaft und Journalismus, die das Glossar seit Frühjahr 2014 ehrenamtlich erarbeitet haben, ein großer Erfolg.

„Wir wollen mit dem Glossar nicht den Sprachgebrauch verändern, auch nichts diktieren oder verbieten“, sagt NdM-Geschäftsführerin Konstantina Vassiliou-Enz. „Wir finden nur, Journalisten sollten wissen, wie sie Wörter wie beispielsweise ,Ausländer‘ benutzen und wie diese aufgefasst werden können.“ Vassiliou-Enz und ihr Team wollen alternative Formulierungen anbieten, gerade dann, wenn die oft verwendeten Begriffe eigentlich falsch sind.

Was ist ein Pop-Muslim? Und was ein Kultur-Muslim?

Das wirkt manchmal zunächst etwas sperrig, etwa bei Bezeichnungen, die im Sprachgebrauch sehr eingeschliffen sind. Da wäre zum Beispiel das Tribut „türkischstämmig“. Liest man oft, hört man oft. Das Glossar sagt: Falsch. Nicht jeder aus der Türkei stammende Einwanderer ist Türke, sondern gehört gegebenenfalls einer Minderheit an, zum Beispiel den Kurden. Besser und richtiger wäre also, „türkeistämmig“ zu schreiben und zu sagen.
Ob sich das Glossar bei derartigen Formulierungen durchsetzt, kann Vassiliou-Enz nicht absehen. Schlecht fände sie es nicht, denn präziser und weit weniger pauschalisierend sind die Formulierungshilfen der NdM-Broschüre allemal. Die meisten Leser dürften abgesehen von dieser Tatsache noch einiges lernen: Wer kannte bisher schon wirklich den genauen Unterschied zwischen Kultur-, Pop- und Euro-Muslimen? So viel sei verraten: Es hat nichts mit Musik oder Geld zu tun.

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