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Medien: Goodwill für Gerhard

VORSICHT! WERBUNG Hartwig W.

VORSICHT! WERBUNG

Hartwig W. 46, war bis vor drei Jahren Personalchef in einem großen Münchener Textilhaus. Seither hat er an die 150 Bewerbungen geschrieben. Auch nach Berlin, Hamburg und Halle in Westfalen. Die meisten mit negativer Antwort. Viele ohne jede Reaktion. Das ist seit einer Woche anders. Im „Spiegel“ und im „Stern“ erzählt der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit: „Jeder kann etwas gegen Arbeitslosigkeit tun.“ Wie wahr!

Die beiden Anzeigen – zusammen kosten sie rund 100 000 Euro aus dem großen PR- und Reklametopf der Bundesregierung – retten immerhin zwei Redakteursposten. Für Hartwig W. tun sie wenig. Klaus J. Behrendt und Peter Sodann, beide spielen „Tatort“-Kommissare“, machen sich laut Text vor allem für Jugendliche und Langzeitarbeitslose stark. Hartwig aber sitzt erst seit drei Jahren auf der Straße. Und zu alt ist er auch.

Die Anzeigen von Herrn Clement sind nur ein Bruchteil dessen, was die Bundesregierung ausgibt, um Stimmung für sich und ihre politischen Entscheidungen zu machen. Allein des Bundespresseamt, das vor allem die Zuckerseite des Bundeskanzlers zeigen soll, verfügt über einen Jahresetat von 60 Millionen Euro (Personal und Empfänge aller Art eingeschlossen.)

Darüber hinaus hat jedes Ministerium einen größeren Topf für Goodwill-Aktionen. Wie bei „Sabine Christiansen“ zu hören war, gibt Herr Eichel rund 20 Millionen Euro dafür aus, dass die Bürger die Steuerreform verstehen und ihr Geld nicht mehr im Ersatzreifen nach Luxemburg, Monaco oder die Schweiz schaffen. Eine neue Steuermoral will er schaffen, indem er Werbeagenturen einen Etat zukommen lässt, von dem gut und gern zehn neue Schulen gebaut werden könnten. (Selbstverständlich nach einem vorschriftsmäßigen Ausschreibungsverfahren.)

Leider war nicht zu erfahren, was die anderen Ministerien für ihre Schönwetterkampagnen ausgeben. Ich schätze alles zusammen auf 120 Millionen Euro und freue mich auf den Gegenbeweis. Aber wie sollte der angetreten werden? Sind die Informationsbroschüren in gestelztem Deutsch Reklame oder Information? Stehen Behrendt und Sodann für Clement, den Kanzler, die jugendlichen Arbeitslosen oder für ihre Karrieren als Gutmenschen? Eines aber kann man hundertprozentig sagen: Für Werbung, die Fehlentscheidungen beschönigen soll, ist jeder Cent zu viel.

Reinhard Siemes

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