zum Hauptinhalt

Gremien bei ARD, ZDF, DLR und Deutscher Welle: Wenn Prälat, dann Atheist

Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen besetzen Spitzenpositionen in den öffentlich-rechtlichen Gremien. Die Gesellschaft aber braucht mehr. Ein Kommentar

Lorenz Wolf lässt seinen Vorsitz im BR-Rundfunkrat bis auf Weiteres ruhen. Der Prälat muss sich im Kontext des Münchner Missbrauchs-Gutachtens der Kritik stellen, er habe sich zu klerikerfreundlich im Umgang mit sexuellem Missbrauch verhalten. Der Fall Wolf ist ein Einzelfall, zugleich die Frage mitschwingen darf, ob die Vertreterinnen und Vertreter der katholischen wie evangelischen Kirchen in den Gremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht überrepräsentiert sind.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
RBB-Rundfunkrat, ZDF-Fernsehrat, Hörfunkrat des Deutschlandradios oder Rundfunkrat der Deutschen Welle, das sind beileibe nicht einzigen Gremien, wo der Vorsitz oder seine Stellvertretung von Männern und Frauen der Kirchen ausgeübt wird. Da mischen sich Zeitbudget, Sendungsbewusstsein, große Erfahrung bei Leitung und Organisation kirchlicher Organisationen und zuverlässig auch die Sorge, dass besetzen Kirche in den öffentlich-rechtlichen Programmen zentral und nicht peripher behandelt wird.

So wenig Lorenz Wolf zweifelhafte Amtsführung im BR-Aufsichtsorgan vorgeworfen wird, so sehr leisten seine Amtsbrüder und Amtsschwester bei RBB, ZDF, DLR oder Deutsche Welle ordentliche Arbeit. Zugleich stammen die Zusammensetzungen der Gremien aus einer anderen, überkommenen Zeit. Niemand wird bestreiten können, dass Rolle, Bedeutung und Einfluss der beiden Kirchen in der Gesellschaft beträchtlich abgenommen haben. Nur knapp mehr als 50 Prozent der Deutschen sind Kirchenmitglieder. In den Gremien von ARD & Co., in der Spitze wie in der Zusammensetzung wird das nicht reflektiert, da ist die Zeit schlichtweg stehengeblieben. Nun müssen die Kirchen nicht die Treiber dieser „Reformation“ sein, zumal sie darauf verweisen können, dass auch andere Großorganisationen wie Parteien und Gewerkschaften einen kräftigen Aderlass verspüren. Salopp gesagt, ist der Deutsche nicht mehr der gewohnheitsmäßige Kirchgänger, der brave Partei- oder Gewerkschaftssoldat oder der schlichte Vereinsmeier, er hat es gerne individueller, meinetwegen ichbezogener.

Gremien müssen Gesellschaft abbilden

Nun ist es Sinn und Zweck, dass die Gremien der öffentlich-rechtlichen Sender die Gesellschaft in ihrem Sosein und Dasein abbilden, so gehören beispielsweise die konfessionell Gebundenen wie die Konfessionsfreien repräsentiert. Würden die Konfessionellen oder andere Gruppen zusammenzucken, wenn beispielsweise die Atheisten, klare Mehrheit in Berlin, Sitz und Stimme im RBB-Rundfunkrat bekämen? Der Humanistische Verband fordert das schon lange, für den neuen RBB-Staatsvertrag wird diese Frage diskutiert.

Nun ist ein Gremium ein Gremium, bei den Öffentlich-Rechtlichen mischt sich da absolute Sachkenntnis mit naiver Ahnungslosigkeit. Wird das RBB-Fernsehen nur dadurch attraktiver, dass ein erklärter Atheist/eine ausgewiesene Atheistin im Programmausschuss sitzt? Zweifel, erhebliche Zweifel.

Wie viele Muslime im RBB-Rat?

Zweifelsfreie Tatsache ist, dass Gesellschaft und Gremien nicht deckungsgleich sind. Die Gesellschaft verändert sich schneller als die öffentlich-rechtlichen Aufsichtsgremien. Raten Sie mal, wie viele Musliminnen und Muslime im RBB-Rundfunkrat sitzen? Wenn Sie schon dabei sind: wie viele Vertreterinnen und Vertreter der LGBTQ+-Community?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false