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Grimme-Gewinner Walulis: Mit Spaß verblöden

Zuerst lief „Walulis sieht fern“ fast ohne Publikum. Nun wird die Grimme-Überraschung wiederholt.

Es gibt in der deutschen Fernsehlandschaft Sender, die kaum jemand wahrnimmt. Weil sie, wie etwa der Spartensender Tele 5, fast nur Konserven zeigen. Wenn nun also ausgerechnet ein Tele-5-Format gegen namhafte Konkurrenten wie „Stromberg“, „Pastewka“, „heute-show“ mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet wird, dann kann man schon mal genauer hinsehen. Insbesondere, weil Tele 5 die medienkritische Satiresendung „Walulis sieht fern“ im Nachtprogramm versteckt hatte, eingerahmt von Erotikwerbungen. Kein Wunder, dass im Dezember nicht mal 100 000 Zuschauer die vier je 25 Minuten langen Folgen im Schnitt gesehen haben. Der Spartensender hat die Steilvorlage des Grimme-Preises erkannt: Tele 5 wiederholt die vier Sendungen von Donnerstag an jede Woche – im Nachtprogramm.

Den Ruhm, den der Münchner Fernsehmacher Philipp Walulis, 31, nun einheimst, verdankt er weniger Tele 5 als vielmehr sich selbst – und dem Internet. Als er den Ausschnitt „Der typische Tatort in 123 Sekunden“ auf Youtube stellte, löste er einen kleinen Hype aus. In dem Clip, den über 400 000 Nutzer angeklickt haben, seziert Walulis genüsslich das Baukastensystem des „Tatort“. Er macht sich über den „verkrampft sozialkritischen Einschlag“ der Serie lustig und den Drang, in jeder Folge zu zeigen, in welcher Stadt gedreht wurde. Er selbst spielt einen verdächtigen Atom-Lobbyisten, irgendwann sitzt er in einem abgedunkelten Verhörraum und schreit die Kommissarin an: „Blödsinn, ich kann es gar nicht gewesen sein!“ – um dann mit ruhiger Stimme hinzuzufügen: „Weil wir erst in der Mitte des Tatorts sind.“

Das Konzept, die Figuren auf einer Metaebene miteinander sprechen zu lassen, zieht sich wie ein roter Faden durch „Walulis sieht fern“. So funktioniert auch seine „Bauer sucht Frau“-Parodie („Landwirt sucht Liebe“) und das Volksmusikvideo der „Zillertaler Zitzenzutzler“. In der Sendung hockt Walulis mit seiner Fernbedienung auf der Couch und erklärt, wie TV funktioniert. In Folge eins knöpft er sich die typische Doku-Soap vor. Er zeigt absurde Beispiele aus dem RTL-II-Kosmos („Frauentausch“) und sagt: „Der ideale Kandidat einer Doku-Soap ist übergewichtig. Seine Frau geht auf den Strich. Die Tochter vertickt Crack. Und der Sohn ist übergewichtig, geht auf den Strich und vertickt Crack.“

Dieser freche, ab und an politisch unkorrekte Humor unterscheidet „Walulis sieht fern“ von ähnlichen Formaten: Philipp Walulis kommt lockerer daher als Oliver Kalkofe, ist tiefgründiger als Stefan Raab. Walulis analysiert, ohne belehrend zu sein, ganz nach dem Motto: „Fernsehen macht blöd, aber auch unglaublich viel Spaß.“ Er selbst sagt, er wolle vor allem unterhalten, „und wenn ich den Zuschauern dann noch ein wenig Medienkritik unterjubeln kann, umso besser“.

Noch erreichen Walulis’ Parodien nicht die Qualität von „Switch“. Wie auch? „Walulis sieht fern“ wird von afk tv produziert, dem „Aus- und Fortbildungskanal“ in München – so gut wie ohne Budget. Die Schauspieler sind Freunde und Bekannte, er sitzt auf einer Ikea-Couch. Geld für pastellfarbene Kleider und Pferde für die angedachte Rosamunde-Pilcher-Parodie bleibt da nicht. Vielleicht gibt es die dann in Staffel zwei, bei Tele 5 oder woanders. Thierry Backes

„Walulis sieht fern“, 23 Uhr 05 auf Tele 5

Thierry Backes

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