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Günther Jauch moderiert sonst jeden Sonntag seine Polit-Talkshow in der ARD.

© dpa

Günther Jauch bei RTL: Jahresrückblick 2014: Pathos statt Spannung

Sonst gibt Günther Jauch jeden Sonntagabend den seriösesten Polit-Talker Deutschlands. Am vergangenen Sonntag ist er für den Jahresrückblick von der ARD zu RTL gewechselt - und hat auf Knopfdruck sein Moderationsniveau angepasst.

Von Barbara Nolte

„Menschen. Bilder. Emotionen. 2014!“ RTL. Angela Merkel stand am Sonntagabend bei Günther Jauch auf der Bühne. Als lebensgroße Puppe, entliehen bei „Madame Tussauds“. Daneben saß eine 16-jährige Italienerin namens Maria und sagte, dass sie deutsche Politiker bewundere. „Sie arbeiten wirklich für Deutschland.“ In Italien sei das anders. Tosender Applaus.

Die Szene trug sich nicht bei Günther Jauchs Talkshow im Ersten zu. Die hatte er an diesem Sonntagabend ausfallen lassen. Stattdessen hat er bei RTL den Jahresrückblick moderiert. Merkel aus Wachs und eine minderjährige Italienerin – nur in der Konstellation schien er Politik für sein RTL-Publikum überhaupt für zumutbar zu halten. Die junge Frau wird aufgrund ihrer Merkel-Begeisterung in Italien „La Merkelina“ genannt. Es war ein absurdes Bild, wie Jauch, der sonst den prestigereichsten deutschen Polittalk moderiert, dasaß und das pauschale Lob, das die junge Frau über Deutschlands politisches Personal ausschüttete, abnickte.

Wie blickte Jauch sonst aufs ablaufende Jahr zurück?

Weiteres Thema: Schiffbrüchige. Angesichts von Tausenden im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen tatsächlich eines der großen Probleme Europas. Bei Jauch lief es unter dem Rubrum „Horror im Traumurlaub“: Die hübschen Mittzwanzigerinnen Hannah, Lisa und Carolin berichteten, wie ihr Boot im indischen Ozean kenterte und sie vierzig Stunden im Meer trieben.

Das war schon ärgerlich flach. Nun handelte es sich bei Jauchs Sendung um eine Show, und bei RTL um einen Privatsender, der nicht gebührenfinanziert ist und somit auch keinem Informationsanspruch genügen muss. Jauch konfektionierte die Ereignisse des Jahres zu Schicksalsgeschichten mit gutem Ausgang. Da ist die Mutter, die ihren Sohn sucht, und dabei mit ihrem Auto sechzig Meter tief stürzte, aber unverletzt blieb. Auch sie zu Gast in der Show. Außerdem kamen prominente Sportler: Neuer, Schweinsteiger, Löw, die prägenden Figuren für Deutschlands WM-Erfolg. Doch Showbühnen eignen sich nicht für intensive Gespräche, und so bekam Jauch kaum mehr aus den Fußballern heraus als seine Kollegen in ihren Interviews nach dem Abpfiff.

Weil Spannung beim Rückblick fehlt, setzt Jauch auf Pathos

Das Problem von Jahresrückblicken ist, dass das, wovon sie handeln, bereits geschehen ist. Da Spannung also von vorneherein ausgeschlossen war, setzte Jauch auf Pathos. Die Geschichten sollten berühren – auf Biegen und Brechen. Sie wurden unterlegt mit monumentaler Musik. Und Jauch berichtet mit begeisterter Stimme von den Heldentaten seiner Gäste. Sein Humor kam nur an wenigen Stellen durch. Das war das Interessanteste an der Sendung, dass man mit einem Knopfdruck auf die Fernbedienung, einem Senderwechsel von der ARD zu RTL, offenbar Jauchs Haltung als Moderator auswechseln kann.

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