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Medien: Gute Titelseiten, schlechte Titelseiten

Welche Ausgaben der Wochenmagazine haben sich im vergangenen Jahr am besten verkauft, welche blieben liegen?

Geahnt hatte man es schon, dass sich die „Spiegel“-Ausgabe über die Kinder von Beslan, die am Tag 1 nach dem Tsunami am Kiosk auslag, schlecht verkauft hat. Jetzt ist es amtlich: Die letzte Ausgabe des Jahres 2004 war die am schlechtesten verkaufte der gesamten zwölf Monate. Sie schnitt noch schlechter ab als jene zu Weihnachten mit dem unverständlichen Cover, das in der „Spiegel“-Redaktion seit vergangenem Jahr in der Schublade lag: Sie zeigt eine leeren Krippe, über der ein Prozentzeichen vom Himmel leuchtet. Nicht immer gelingen dem „Spiegel“ Verkaufsschlager wie jene Hefte, die in alter „Spiegel“-Tradition mit Hitler und der Nazizeit aufmachen. Mit der Thematisierung des Filmes „Der Untergang“ lag das Blatt auf dem Punkt. Ähnlich erfolgreich war jenes Titelbild „Prinzip Zufall“, das in sechs Varianten, dem Zufallsprinzip folgend, in den Kioskregalen auslag.

Die hier gezeigten Titelbilder aktueller Wochenblätter zeigen nicht die Ausgaben, die 2004 insgesamt die höchsten beziehungsweise niedrigsten Auflagen erzielten. Weder sind die Abonnements berücksichtigt noch die „sonstigen“ Verkäufe, mit denen kostenlos Eigenwerbung betrieben wird oder die vergünstigt oder umsonst verbreitet werden. Hier geht es einzig um die Kioskauflage. Nur sie gibt darüber Aufschluss, ob es einer Ausgabe gelungen ist, Käufer neugierig zu machen oder ob sie wie Blei im Regal lag.

Beispiel „Focus“: Die höchste Auflage erzielte das Blatt mit dem Thema „Die besten Universitäten“. Mehr als 155 000 Exemplare verbreitete Burda davon als „sonstige Auflage“ und meldete damit knapp 939 000 verkaufte Hefte. Am Kiosk selbst fand das Ranking 219 148 Käufer, womit die Ausgabe im Jahresschnitt lag. Weit mehr ließen sich zum Zücken des Portmonees verführen, als „Focus“ E-bay auf dem Titel hatte, das Abnehmen und das Laufen propagierte. Politik, das zeigt das Heft mit Angela Merkel, funktioniert bei „Focus“ schlecht. Überhaupt erstaunt es immer wieder, wie wenig „Focus“ am Kiosk verkauft. Selbst mit E-bay wurde die Hürde von 300 000 Heften nicht geknackt.

Lieblingsthema des „Stern“ war im vergangenen Jahr die Gesundheit. Verknüpft mit der Zeile „Alternative Medizin“ und einer nackten Frau machte es diese Ausgabe zu Beginn des vergangenen Jahres zur bestverkauften. Abseitig wirkte hingegen der Titel mit der Illustration zu Gehaltsdifferenzen zwischen Männern und Frauen. In jener Woche bestimmte ein ganz anderes Thema die Agenda: die US-Wahlen. Unattraktiv erschien den Käufern auch der Europa-Titel mit jungen Leuten aus den Beitrittsländern, während eine zuvor erschienene Europa-Ausgabe die insgesamt bestverkaufte 2004 war – allerdings auch nur dank sonstiger Verkäufe und Exemplaren an Bord von Lufthansa & Co.: Jenes Heft mit der Zeile „Faszination Europa“ erschien zur Leipziger Buchmesse, zeigte die maltesische Hauptstadt Valletta aus der Vogelperspektive und bot eine Karte der neuen Beitrittsländer zum Herausnehmen. In die Top 3 der Verkaufsschlager schaffte es diese Ausgabe dennoch nicht.

„Bild am Sonntag“ hat es zu jedem Jahreswechsel schwer. Die Ausgaben 50, 51 und 52 verkauften eine nach der anderen immer weniger. Da half der Nummer 50 auch nicht, dass Uschi Glas mit ihrem neuen Freund auf dem Titel prangte. Obwohl in derselben Ausgabe das „Bild am Sonntag“-Interview mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan den meisten anderen Sonntagsblättern eine Meldung auf Seite 1 wert war, versteckte es die „BamS“ im Innenteil – wohl aus Angst, es könnte den Durchschnittsleser nicht interessieren.

Für 2005 hat sich die Redaktion das – noch dazu nach der Preiserhöhung – kaum zu realisierende Ziel gesetzt, „2 Millionen und 5 Exemplare“ zu verkaufen und damit über der psychologischen Hürde von zwei Millionen zu bleiben. Von der Werbeagentur, die sich den Spruch „Die neue BamS hat mehr Bums“ ausgedacht hat, hat sich das Blatt mittlerweile getrennt. Massiv damit beworben wurde die Ausgabe 32, die 2004 der Verkaufsschlager war. Das dürfte nicht nur an der Werbung gelegen haben, sondern auch daran, dass diese Ausgabe die erste nach dem Relaunch war und obendrein zum Bundesliga-Start im August erschien.

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