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Produzent Steven Spielberg gehört zu den bekanntesten Inhaltelieferanten von Quibi. Er steuert die Serie „After dark“ bei.

© Richard Shotwell/Invision/AP/dpa

Update

Häppchenweise Streaming: Neuer Dienst Quibi auch in Deutschland verfügbar

Mitten in der Corona-Pandemie startet der Streamingdienst Quibi. Inzwischen auch in Deutschland. Die Videos sind kurz, die Ambitionen jedoch gewaltig.

Ob die Corona-Pandemie eine gute oder eine schlechte Zeit ist, um einen Streamingdienst zu starten, muss sich zeigen. Der Dienst Quibi hält in jedem Fall am geplanten Starttermin 6. April in den USA fest.

Die Idee hinter „Quibi“ steckt bereits im Namen: es geht um „Quick Bites“, also um schnelle Happen für zwischendurch. Die Episoden der eigenproduzierten Serien sollen nicht länger sein als zehn Minuten und werden lediglich für mobile Endgeräte angeboten – sowohl für das horizontale und das vertikale Schauen.

Quibi ist jetzt auch in Deutschland verfügbar in den App-Stores von Apple und Android. Pro Monat kostet der Service hierzulande 8,99 Euro. Um Quibi ausgiebig ausprobieren zu können, ist es bis zum 30. April möglich, eine 90-tägige kostenlose Testphase in Anspruch zu nehmen. Es gibt bislang keine deutsche Synchronisation und auch keine deutschen Untertitel.

Gegründet wurde Quibi von Jeffrey Katzenberg, dem Mitbegründer der Filmfirma Dreamworks („Shrek“) sowie Meg Whitman, der ehemaligen Präsidentin und CEO von Hewlett Packard Enterprises. Investoren sind unter anderem NBC Universal, TimeWarner, Sony, Disney und Viacom. Bislang wurden 1,75 Milliarden Dollar in den Service investiert.

175 Serien im ersten Jahr

Über 175 Serien aus den verschiedensten Genres will Quibi im ersten Jahr anbieten, mit rund 50 Produktionen wird der Mini-Video-Unterwegs-Dienst starten. Ja, wenn man denn noch groß unterwegs wäre. In Corona-Zeiten fahren S- und U-Bahnen und Busse eher mit weniger Fahrgästen durch die Städte.

Kann das trotzdem funktionieren? Ein weiterer Streamingdienst? Ein bisschen Namedropping: Steven Spielberg hat die Serie „After dark“ produziert, die man auf Quibi lediglich nach Sonnenuntergang aufrufen können wird. Idris Elba bekommt eine Realityshow, in der er spektakuläre Autostunts vollführt. Liam Hemsworth, Christoph Waltz, Reese Witherspoon, Jennifer Lopez und Kiefer Sutherland hat Quibi ebenfalls für Serien engagiert.

„Die großen Namen helfen natürlich um Aufmerksamkeit zu wecken, nichtsdestotrotz müssen die Serien begeistern, damit die Zuschauer dranbleiben“, sagt Uwe Urbas. Er ist Produzent für die Berliner Filmfirma X-Filme, die unter anderem für „Babylon Berlin“ verantwortlich ist. Vor vier Jahren hatte er für die Produktionsfirma Polyphon die Serie „Familie Braun“ für das ZDF mitproduziert, eine der ersten Webserien Deutschlands, bei der die Folgen lediglich zwischen vier und sieben Minuten lang waren. Die Serie ist unter anderem mit einem International Emmy Award und einem Deutschen Comedypreis für die „Beste Innovation“ ausgezeichnet worden.

Muss die Handlung wegen der Kürze simpler, ja, dümmer werden? „Bei ‚Familie Braun‘ hatten wir bereits in der ersten Szene eine klare Prämisse gesetzt“, sagt Urbas, „kein Vorlauf.“ Zwei Nazis bekommen ein schwarzes Kind. Ähnlich wird es bei Quibi sein: Bei „The Fugitive“ wird ein vermeintlicher Verbrecher gejagt. Bei „Survive“ müssen zwei Überlebende eines Flugzeugabsturzes ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. Bei „The Stranger“ wird eine Frau von einem Psychopathen verfolgt.

Alles Handlungen, die einfach genug sind, um sie zwischendurch nachvollziehen zu können. Gerade jetzt – im Homeoffice – könnten diese kurzen Folgen mit den wahrscheinlich einfacheren Plots ihr Publikum finden. Zum Beispiel genervte Eltern, die sich zwischen Kinderbetreuung, Hausaufgabenabnahme und Arbeitsbewältigung eine Mini-Auszeit verpassen wollen.

Nicht alles taugt fürs Smartphone

„Die Kunst ist es, Folgen zu plotten, die in solch einer kurzen Laufzeit funktionieren können“, schätzt Uwe Urbas ein. Andererseits: Wie hochwertig kann das sein, wenn die Serien speziell für das Smartphone produziert werden? Kann man die Drehorte gut in Szene setzen? Moderne Smartphones sind durchaus groß genug dafür, meint Urbas, auch wenn er es bedauert, einige Filme und Serien nicht auf dem großen Fernsehgerät anzuschauen: „Serien wie ,Babylon Berlin‘ sind nicht für das Smartphone gemacht.“

„Quibi sei für die Zielgruppe durchaus geeignet, die „Lust auf hochwertigen Content“ hat, denen normale Serien aber zu lang sind. Außerdem könne man solch eine Serie schneller nachholen, wenn sich Freunde und Bekannte im Büro oder auf dem Schulhof darüber austauschen – und schon könnten sie mitreden. „Im Gegensatz zu bisherigen seriellen Formaten ist das Ziel in Sicht, und man lässt sich sicherlich schneller auf ein neues Format ein, ohne sich über mehrere Hundert Minuten zu binden“, schätzt Urbas.

Till Frommann

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