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Achtung, hier wird bald scharf geworfen. Die Spiele der Handball-WM sollen auf der Webseite handball.dkb.de kostenlos zu sehen sein. Youtube ist technischer Partner.

© Tsp

Handball-WM im Internet: Sponsoren-TV

Ein werbetreibendes Unternehmen als Rundfunkveranstalter? Der Deal zwischen einer deutschen Bank, Youtube und Handball-WM wirft Fragen auf.

Handball-Fans, Handball-Spieler, Handballbund – eigentlich müssten jetzt alle zufrieden sein, aber nach der überraschenden jüngsten Lösung im Zwist um die Übertragungsrechte bei der anstehenden WM in Frankreich hat der Deutsche Handballbund (DHB) erst mal das katarische Netzwerk beIN Sports attackiert. „Dieser Rechteinhaber ist wirklich ein Ärgernis“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Nationalspieler Tobias Reichmann monierte obendrein, dass sich der Weltverband IHF trotz der Probleme offenbar nicht eingeschaltet habe. „Vor zwei Jahren haben wir noch eine Wildcard für die WM bekommen, weil Deutschland angeblich so wichtig für den Handball ist. Jetzt kommt kein Wort vom IHF“, sagte der Rechtsaußen der Deutschen Presse-Agentur.

Auf die schwierigen Verhandlungen mit beIN Sports hatte die IHF offenbar keinen Einfluss. Am Donnerstag hatte sich die Deutsche Kreditbank AG – ein DHB-Sponsor – die Rechte für das am Mittwoch in Frankreich beginnende Turnier gesichert. Die DKB erwarb die exklusiven Live-Übertragungsrechte für mehr als 50 Spiele. Die Begegnungen werden auf der Seite handball.dkb.de zu sehen sein und kostenlos gezeigt. Der Livestream wird nach DKB-Angaben mit YouTube als technischem Partner umgesetzt.

Was bei Laien die Frage aufwirft, wie so eine Übertragung via Internet an Ländergrenzen haltmachen kann. Die Rechte-Verhandlungen mit ARD & ZDF waren auch daran gescheitert, weil die Rechteinhaber darauf bestanden, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Satelliten-Ausstrahlung verschlüsseln, damit im Ausland nicht quasi umsonst Handball-WM geguckt werden kann.

"YouTube ist eine Videoplattform, die Nutzern wie der DKB die Möglichkeit bietet, eigene Videoinhalte auf der Plattform zum Abruf zugänglich zu machen oder zu senden. Die Nutzer kontrollieren dabei, ob, wann, wie und wie lange sie Inhalte zugänglich machen und müssen die entsprechenden medienrechtlichen Regelungen einhalten", sagt Google-Sprecher Henning Dorstewitz. Wie bei vielen Internetplattformen üblich, könnten bestimmte YouTube-Nutzer Inhalte mittels Geofencing auf einzelne Länder beschränken.

Das Geoblocking ist die im Internet eingesetzte Technik zur regionalen Sperrung von Internetinhalten durch den Anbieter.

Zu konkreten Fragen wollte die DKB selbst am Freitag noch keine weiteren Antworten geben. Wer kommentiert? Wer wird Experte? Wie viel Werbung wird da zu sehen sein? Reicht die Bandbreite deutschlandweit für den Empfang? Können die Fans ihren Stream auf einem klassischen Fernseher abspielen? Die DKB will erst „in den nächsten Tagen weitere Details bekanntgeben“.

„Keine Alternative zum frei empfangbaren Fernsehen"

Für viele bleibt dieser Rechte-Deal eine Notlösung. Für künftige Verhandlungen bei Handball-Großereignissen fordert der Spieler Michelmann: „Die Rechtevergabe darf nicht nur an das finanzielle Ergebnis gekoppelt werden, sondern auch daran, wie viele Menschen erreicht werden.“ Vor dem ungewöhnlichen Handel waren Verhandlungen von TV-Sendern und Internetanbietern mit der beIN Media Group gescheitert.

Von der Einigung zwischen DKB und beIN Sports wusste der DHB laut Michelmann seit Weihnachten. Seltsam ist, wieso sich der DHB selbst auf Nachfragen von Journalisten in den vergangenen Tagen so ahnungslos gegeben hat. Die DKB habe vor einer offiziellen Mitteilung wohl erst einen unterschriebenen Vertrag in den Händen halten wollen, sagte der Präsident.

Auch die deutschen Fernsehsender sehen dieses exklusive Sponsoren-TV kritisch. Dass es überhaupt bewegte Bilder gebe, sei für die Fans erfreulich, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky der dpa. Doch die Berichterstattung durch ein werbetreibendes Unternehmen werfe Fragen auf. Als „sehr missliche Situation“ bezeichnete das ZDF die ausschließliche TV-Berichterstattung über die Internetseite des Handball-Sponsors. „Interessant ist, dass hier ein Sponsor mit klaren Sponsoringinteressen offenbar als Rundfunkveranstalter mit einer Sendelizenz auftreten möchte.“

Balkausky hält Sponsoren-TV für „keine Alternative zum frei empfangbaren Fernsehen mit dessen journalistisch-qualitativer Herangehensweise, mit dessen Reichweite und dessen Zuschauerakzeptanz“. Die Gesellschaft in Deutschland müsse „entscheiden, welche Sportereignisse auch in Zukunft in frei empfangbaren, linearen Angeboten zu sehen und geschützt sein sollen.“

Die Erfahrung beim Thema Handball-WM zeige eines sehr deutlich: Hier wurden alle deutschen Free-TV-Sender von der Teilnahme an Rechteverhandlungen ausgeschlossen, zum Schutz von Pay-Angeboten in anderen europäischen oder nordafrikanischen Ländern.

Genug geärgert, jetzt wird es Zeit, dass die Handball-WM gespielt wird. Gesehen wird sie im Internet.

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