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Medien: Harald Schmidt hat keine Lust mehr

Nach dem Rauswurf seines Freundes Martin Hoffmann bei Sat 1 stellt der Late-Night-Talker seine Show ein. Ein Tag vor Weihnachten ist Schluss

Harald Schmidt legt eine „Kreativpause“ ein, steht in der Pressemitteilung. Auch die anderen Formulierungen, die darin stehen, werden nicht glaubwürdiger, liest man den Absender der Mitteilung. Nicht Sat 1 verkündete am Montag das Aus für die „Harald Schmidt Show“, sondern die ProSieben Sat 1 Media AG, unter deren Fuchtel Sat 1 seit Jahren vor sich hin leidet. Vorstandschef Urs Rohner bedankt sich in der Mitteilung „herzlich bei Harald Schmidt für acht Jahre großartiger Fernsehunterhaltung“. Ausgerechnet Rohner, auf dessen Betreiben Sat-1-Chef Martin Hoffmann vergangene Woche aus dem Berliner Sender geworfen wurde. Selten waren sich die Medien so einig: Hoffmann war erfolgreich, hatte die Trendwende geschafft, es ging aufwärts, sowohl mit den Quoten als auch finanziell. Um die wahren Gründe für seinen Rauswurf zu benennen, kommt man an dem Wort „Intrigen“ nicht vorbei.

Hoffmann und Schmidt sind Freunde, das sagte der Late-Night-Talker vergangenen Donnerstag selbst, als er in seiner Show den unbekannten Roger Schawinski verspottete, der tags drauf seinen Geschäftsführerposten bei Sat 1 antrat. Im aktuellen „Spiegel“ sagt Schawinski, Schmidt sei der Erste gewesen, den er am Freitagmorgen angerufen habe. Er habe keine Angst, dass er abwandere. Am Freitagabend goss Schmidt in seiner Show erneut kübelweise Häme über Schawinski aus.

Wenn ProSieben Sat 1 nun behauptet, Schmidts Entscheidung, die Show zu beenden, habe nichts mit Hoffmanns Rauswurf zu tun, dann kann man das glauben. Die Wahrheit ist das nicht. Schmidt hat die Gelegenheit genutzt, dass der Vertrag mit Sat 1 zum Ende dieses Jahres ausläuft. Es besteht kein Zweifel, dass Schmidt weiter gemacht hätte. Und es besteht auch kein Zweifel, dass Hoffmann den Vertrag verlängert hätte. Warum sollte Sat 1 auf diese Institution, den Liebling der Feuilletons und den Sat-1-Imageträger Nummer 1 verzichten? Aber der Zyniker Schmidt ist halt anscheinend doch nicht die „Mediennutte“, die er behauptet zu sein. Schmidts Nein ist Ausdruck von Rückgrat, Solidarität und Stolz. Warum sollte er es sich antun, mit Leuten wie Rohner zusammenzuarbeiten und so zu tun, als sei nichts passiert?

Verlogen und heuchlerisch wirkt, was Schawinski dazu sagt: „Ich habe selbst sieben Jahre eine tägliche Talkshow moderiert und hatte danach das riesige Bedürfnis, eine Pause einzulegen.“ Der Energieverbrauch für jede einzelne Sendung steige irgendwann ins Unermessliche. Als Schmidt im Sommer für seine Show die Fünf-Tage-Woche ankündigte, war keine Spur von Ermüdungserscheinungen festzustellen.

Die vielfach preisgekrönte „Harald Schmidt Show“ war am 5. Dezember 1995 auf Sendung gegangen. Die letzte reguläre Sendung wird am 23. Dezember, einen Tag vor Weihnachten, ausgestrahlt. Produziert wurde sie von Bonito TV, die mit knapp 100 Mitarbeitern auch die Sat-1-Show „Was guckst Du?“ mit Kaya Yanar sowie Schmidts Werbespots herstellt. Am 29. Dezember wird Schmidt vertragsgemäß einen Jahresrückblick moderieren und dem Sender am 8. Januar 2004 zum 20. Geburtstag gratulieren. Wann er danach seine Bildschirmpause beendet – und bei welchem Sender – ist völlig offen. Im Januar strahlt Sat 1 auf dem Sendeplatz Filme aus wie „Nathalie – Babystrich“.

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