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Weltexklusiv: Besetzung der neuen „Hart aber fair“-Runde. Moderator Frank Plasberg (v.l.n.r) diskutiert mit Günther Jauch, Armin Rohde, Verona Pooth und Jan Josef Liefers. – Tatsächlich traf sich die Runde bei „2012 – Das Quiz: Plasbergs Jahresendshow“.

© picture alliance / dpa

Update

"Hart aber fair" diskutiert wieder Gender: Plasberg lädt erneut dieselben Gäste ein

Alles auf Wiederholung? Bei der Neuansetzung der „Hart aber fair“-Sendung zum Thema Gender soll dieselbe Runde diskutieren

Jetzt ist es raus: Der WDR hat die "Hart aber fair"-Ausgabe vom 2. März gelöscht, um jede Verwechslungsgefahr bei der Neuansetzung zu bannen. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung vom Mittwoch hat die Redaktion von Frank Plasberg just jene fünf Gäste eingeladen, die schon im März das Gender-Thema diskutierten. Der WDR wollte den "Bild"-Bericht auf Tagesspiegel-Anfrage weder bestätigen noch dementieren und kündigte eine Stellungnahme an.

Die Gäste bei der März-Sendung waren: die Schauspielerin Sophia Thomalla, der FDP-Vize Wolfgang Kubicki, die Autorin Birgit Kelle, Netz-Aktivistin Anne Wizorek und Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag. Laut "Bild wollen vier von fünf kommen, nur die Zusage von Hofreiter fehlt noch, er ist in Urlaub. Wie zu hören ist, soll die neue/alte Runde um eine (Programm-)Beschwerdeführerin aus den Frauenverbänden erweitert werden. Moderator war und wird Frank Plasberg sein.

Hat der Westdeutsche Rundfunk (WDR) überhaupt richtig entschieden, die Talkshow „Hart aber fair“ erneut über Gender und Gleichstellung diskutieren zu lassen? Am 7. September, bisher steht nach Senderangaben noch kein Gast, dafür der Moderator fest: Frank Plasberg. Auch das provoziert Fragen. Ist der 58-Jährige der Richtige für das Thema, nur weil „Hart aber fair“ sich schon einmal daran versucht hat? Plasberg moderierte die mittlerweile berühmte Ausgabe vom 2. März, als das Thema „Nieder mit den Ampelmännchen – Deutschland im Gleichheitswahn?“ anstand. Die Debatte war laut, lebhaft – gedankenschwer, weiterführend war sie nicht. Frank Plasberg spielte mehrfach den Beelzebub, so als er sich eingangs über die Besetzung der 190 Professorenstellen für Geschlechterforschung in Deutschland mokierte, von denen 180 weiblich besetzt seien. Plasberg ist ironiefähig und war doch fern der Erkenntnis, dass a) Ironie auch im Fernsehen nicht wirklich funktioniert und b) die Behandlung des Gender-Themas mit Ironie nicht Gelassen-, sondern Verbissenheit auf vielen Seiten herausfordert.

Frauenverbände, insbesondere der Deutsche Frauenrat, liefen tiefrot an. Es hagelte Proteste und Programmbeschwerden. Die Intendanz des WDR beugte sich über die Causa, sah keinen Grund für das Stattgeben der Beschwerde, dito der Runkfunkrat. Das Gremium empfahl die Löschung der Sendung, wie die Vorsitzende Ruth Hieronymi sagte. Also wurde die „HAF“-Ausgabe aus der Mediathek entfernt. Das wiederum empörte Teilnehmer in der Runde, darunter die Schauspielerin Sophia Thomalla und den FDP-Vize Wolfgang Kubicki, eifrig sekundiert von der „Bild“-Zeitung, die Zeter und Zensur schrie. Wolfgang Kubicki, Vizevorsitzender und erster Schreihals der FDP, war damals Gast. Er fordert in der „Bild“, die Sendung müsse wieder raus aus dem Giftschrank“, die Neuansetzung erinnert ihn an „Absurdistan“. Die Schauspielerin Sophia Thomalla, gleichfalls empört über die Löschaktion, will „Hart aber fair“ gleichfalls wieder in der Mediathek sehen, nennt eine weitere Sendung „okay“, das Thema sei es wert.

Das Löschen war ein Fehler

Das Löschen der Sendung war ein kapitaler Fehler. Begreift der WDR nicht, dass er damit den Lauten und Organisierten im Land den Weg zur Löschtaste weist? Wann kommt der Politiker X, wann der Salafist Y, die ihre Agenda nicht nach ihrer Façon diskutiert sehen, den Sender unter Druck setzen und das Verschwinden des Beitrags durchsetzen? Das ist der bedenkliche, der unsouveräne Vorgang hinter einer sehr durchschnittlichen Ausgabe von „Hart aber fair“.

WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn sieht am Problem vorbei, wenn er bei seiner ersten Wortmeldung nach Tagen der Debatte sagt: „Der Vorwurf der Zensur oder Selbstzensur ist so gravierend, dass man ihn nicht leichtfertig erheben sollte. Für den WDR weise ich das entschieden zurück." Die Sendung nach einem halben Jahr aus der Mediathek zu nehmen, „wo sie kaum mehr abgerufen wurde, war eine souveräne Entscheidung der Programmverantwortlichen. Sie erfolgte vor der Sitzung des Rundfunkrates.“

Was stimmt denn nun? Löschte der WDR, bevor die Gremien es empfahlen, oder löschte der Sender danach? Die Auskünfte aus dem WDR lassen beide Lesarten zu. Die Rundfunksratsvorsitzende wollte sich auf Anfrage nicht äußern, was sie von der Neuansetzung hält. Über das Warum der Löschung verliert Schönenborn kein Wort. Wäre aber zur Begründung und zum Begreifen der Handlung sehr wichtig gewesen. Wahrscheinlich war er von seiner nächsten großen Idee abgelenkt. „Hart aber fair“ wird in voraussichtlich zwei Wochen das Thema Gleichberechtigung der Geschlechter erneut aufgreifen. Schon werden im Land Goldwaagen aufgestellt, damit dann auch jede Wortmeldung fein gewogen werden kann. Die Besetzung wird sehr interessant sein, hoffentlich ist jeder Teilnehmerin/jedem Teilnehmer klar, was die Hauptaufgabe ist: den Sender vorführen zu lassen, was er für ein toller Sender ist. Schon geht das Gerücht um, der WDR werde in „Hart aber fair“ das Gender-Sujet so lange triezen, bis es rundgelutscht ist und die Mediathek zum Platzen bringt. Dann endlich gibt es einen triftigen Grund zum Löschen: Platzmangel.

Talkheroe Frank Plasberg hat sich im Windschatten seines Fernsehdirektors Jörn Schönenborn auch mal wieder in die Öffentlichkeit getraut. „Bei uns ist Thema, was die Menschen bewegt oder aufregt.“ Das habe man mit der Gender-Sendung „definitiv getan, ein guter Grund also, das Thema und die Reaktionen auf unsere Sendung Anfang September noch einmal bei ‚Hart aber fair' zu debattieren.“ Das geschehe mit der gewohnten redaktionellen Freiheit, die im WDR ein hohes Gut sei. Dicke Hose.

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