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Tine Wittler half Familien in der Not - mit Risiko für die Betroffenen.

© RTLplus

Helptainment-Formate: Rein in die Schulden

Wirklich eine Hilfe? Bei Helptainment-Formaten müssen Kandidaten mit dem Finanzamt rechnen.

„Zuhause im Glück“ im Programm von RTL II erfreute sich überdurchschnittlicher Beliebtheit mit Marktanteilen bis zu sechs Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen. Das Format unterstützte finanzschwache Familien dabei, ihr Eigenheim aufzuhübschen. Für den Sender eine gute Gelegenheit, sich als der Retter in der Not zu präsentieren. Auch „Einsatz in 4 Wänden“ des Partnersenders RTL erreichte durchschnittlich drei Millionen Zuschauer und war damit eines der beliebtesten Formate überhaupt. Im März dieses Jahres verkündeten die Macher das Aus der Erfolgsserie. Bereits drei Jahre zuvor hatte „Einsatz in 4 Wänden“ das gleiche Schicksal ereilt.

Anfang August berichtete die „FAZ“ über Familien, denen ihr Zuhause auf Kosten der Sender saniert wurde. Die Sache hatte allerdings einen Haken. Die Finanzämter machten gegenüber den Familien Einkommenssteuer aus „Sonstigen Einkünften“ geltend. Im Fall der Familie Richter aus Waldheim in Höhe von 160 000 Euro. Inwieweit wusste „Me, Myself and Eye MME Entertainment“, die das Format „Einsatz in 4 Wänden“ produzierten, über das Risiko für die betroffenen Familien Bescheid?

„Grundsätzlich sind die Sender nicht in der Pflicht, die betroffenen Familien über eventuelle Steuerrisiken zu informieren“, sagte Ehssan Khazaeli, Anwalt in der Kanzlei von Rueden dem Tagesspiegel. „Ein Steuerberater hätte auf diese Gefahr sicherlich hingewiesen, ein Unterlassen dieser Information wäre strafbar. Allerdings hätte RTL II selbstverständlich die Möglichkeit, die Betroffenen von der Steuer freizustellen.“

Der Sender könnte den Protagonisten also finanziell entgegenkommen. RTL II ließ über einen Unternehmenssprecher schriftlich mitteilen: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns hierzu nicht äußern.“

Dies ist im Vertrag so vermerkt

Die Familien werden für ihre Schulden zunächst selbst aufkommen müssen. Wie für das Format vorgesehen, wurden insbesondere einkommensschwache Haushalte vor die Kamera gebracht – also Menschen, die sich einen eigenen Anwalt oder Steuerberater vermutlich nicht leisten können und für die die Forderungen der Finanzämter schwer zu erfüllen sein dürften .

„Die Familien wurden vor Beginn der Dreharbeiten darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Sachleistungen einkommenssteuerpflichtig sein können. Dies ist im Vertrag so vermerkt“, teilte RTL II mit. Nach Aussagen der betroffenen Familien jedoch ist dieser Hinweis nicht erfolgt. Der Produktionsfirma MME war dieser Sachverhalt laut „FAZ“ nicht bekannt, auch wurde in den Verträgen über dieses Risiko nicht informiert.

Die UFA Show & Factual, Produzent von „Zuhause im Glück“, versuchte zumindest, den Familien entgegenzukommen, und bot ihnen an, die hauseigenen Anwälte und Steuerberater zur Seite zu stellen. Nach einem Urteil des Finanzgerichts Köln aus dem Februar diesen Jahres wird es allerdings nahezu unmöglich, die hohen Steuernachzahlungen noch zu vermeiden.

Die Höhe der Summe scheint offensichtlich eine Rolle zu spielen. Ein Teilnehmer der Kabel-1-Produktion „Die Super-Heimwerker“ sagte dem Tagesspiegel, die etwa 1000 Euro und acht Arbeitsstunden, die die Produktionsfirma 2011 für ihn aufgewendet hatte, seien bis jetzt nicht steuerlich geltend gemacht worden.

Was bedeutet dies nun für die Zukunft des Helptainment-Formats? Sendungen wie „Extrem schön!“, in denen die Teilnehmer durch Schönheits-OPs sowie kosmetische Eingriffe optisch optimiert werden, könnten für den Fiskus interessant sein. Auch Sendungen wie „Raus aus den Schulden“ oder „Helfer mit Herz“ wären dann betroffen. Das Unternehmen schreibt, solche Formate seien „für RTL II nach wie vor eine wichtige Programmfarbe“. Die Sendungen werden fortgesetzt, das Risiko für die Teilnehmer aber bleibt bestehen.

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