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Medien: "Hitlers Frauen": Muse, Freundin, Gefolgsfrau

Spötter behaupten, irgendwann lande Guido Knopp noch bei "Hitlers Hunden". So sehr lutsche der ZDF-Chefhistoriker das Thema Nationalsozialismus mit seinen kategorisierenden Serien aus - erst Hitlers Helfer, dann Hitlers Krieger, dann Hitlers Kinder und jetzt Hitlers Frauen.

Spötter behaupten, irgendwann lande Guido Knopp noch bei "Hitlers Hunden". So sehr lutsche der ZDF-Chefhistoriker das Thema Nationalsozialismus mit seinen kategorisierenden Serien aus - erst Hitlers Helfer, dann Hitlers Krieger, dann Hitlers Kinder und jetzt Hitlers Frauen. Knopp begegnet dem mit stoischer Ruhe: "Erfolg muss man sich mit Neid verdienen. Die internationale Resonanz zeigt, dass es richtig ist, solche Serien in Deutschland zu produzieren." Und außerdem stand für ihn schon Mitte der Neunziger Jahre (noch vor "Hitler - Eine Bilanz") fest, dass er sich bei der Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich nicht auf die Figur Hitler beschränken, sondern nach und nach auch die anderen Facetten des Regimes beleuchten wolle.

Nun sind also Hitlers Frauen an der Reihe, ab heute jeweils mittwochs, zur besten Sendezeit um 20 Uhr 15. "Spiegel" und "Stern" widmeten den Nazi-Frauen bereits im Herbst große Geschichten, BR und "Spiegel-TV" brachten unlängst ausführliche Dokumentationen. Knopp und Co. setzen ganz bewusst auf "Prototypen für bestimmte Funktionen im Dritten Reich", verfolgen sechs symptomatische Lebenswege zwischen Mitwirkung, Anpassung und Ablehnung: Magda Goebbels, die erste Gefolgsfrau, Leni Riefenstahl, die Regisseurin, Winifred Wagner, die Muse, Zarah Leander, die Sängerin und Opportunistin, und Eva Braun, die Freundin, die es eigentlich nicht geben durfte und die offiziell als seine Privatsekretärin firmierte. Ohnehin war der Neurotiker Hitler nicht im Stande, Frauen zu lieben. Aber er schaffte es, dass sie ihn liebten. "Es gibt nichts Schöneres, als sich ein junges Ding zu erziehen: Ein Mädchen mit 18, 20 Jahren ist biegsam wie Wachs", hat er einmal gesagt. Diesem Idealtypus entsprach in gewisser Weise die infantile Eva Braun, mit der sich die erste Folge beschäftigt.

Zwei Jahre waren die Autoren in Archiven zwischen Washington und Moskau unterwegs und deckten unter anderem das Schicksal des jüdischen Stiefvaters von Magda Goebbels auf, der eines der ersten Opfer im KZ Buchenwald wurde. Der Film über die Vorzeigefrau zeigt, dass ihr Leben keineswegs gradlinig auf eine führende Position im NS-Staat hinauslief und sie ihre nicht systemkonforme Vergangenheit einfach beiseite schob. Generell bleibt das Politische etwas auf der Strecke, zu sehr geht es um Nazi-Klatsch und Tratsch. Mitunter nicht ganz ins Bild passt Marlene Dietrich, die sich des Führers Bann entzog - weshalb das Begleitbuch zur Serie den Titel "Hitlers Frauen und Marlene" trägt. Womit der Dietrich wiederum zu große Bedeutung zugemessen wird; aktive Widerständlerin war sie nicht.

Auf die schon oft kritisierten nachgestellten Aufnahmen, die Knopp selbst "szenische Rekonstruktionen" nennt, hat er in "Hitlers Frauen" verzichtet. Das mag zum einen am umfangreichen Filmmaterial liegen, das die Autoren auftaten. Zum anderen wächst der Fundus an Zeitzeugen beständig - seit vier Jahren rollt der ZDF-Jahrhundert-Bus durch die Lande, mit dem die Redaktion Zeitgeschichte nach dem Vorbild von Steven Spielbergs Shoah Foundation ein Videoarchiv mit Zeitzeugeninterviews aufbaut. Im mobilen Fernsehstudio wurden bereits 6000 Menschen befragt. In einigen Jahren will Knopp die Hitler-Reihe mit der Serie "Hitlers Reich" abschließen und damit nach den Verantwortlichen und Paladinen bei den Mitläufern ankommen.

Robert Bongen

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