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Genau hinhören! Das Video dauert 18 Sekunden.

© Tsp

Höherer Tonpegel bei Buhrufen für Trump: "Tagesschau" wird nicht besser, wenn sie lauter wird

Joachim Huber ärgert sich über die Lautstärke der "Tagesschau" bei Donald Trump. Ein Kommentar

Julian Reichelt, der „Bild“-Chef, mag Journalismus nur, wenn er laut ist. Und die „Tagesschau“ mag Journalismus nur, wenn er lauter wird.
Für beide Annahmen gibt es Belege. Die „Tagesschau“ twitterte am Freitag ein Video vom Auftritt des US-Präsidenten Donald Trump in Davos. Das dauert 18 Sekunden und konzentriert sich Trumps Äußerung, in der er die Presse als „hinterhältig, gemein, bösärtig, Fake“ beschimpfte. Dafür werde er ausgebuht, heißt es in dem „Tagesschau“-Tweet. Kurz darauf folgte ein zweiter. Zitat: „Wir haben den Ton tatsächlich etwas lauter gemacht, damit man die Buhrufe hört.“
Das brachte Reichelt in die Spur. „Klare Grenzüberschreitung bei einer Nachrichtensendung.“ Und, gerichtet an ARD-aktuell-Chef Kai Gniffke: „Schwer vorstellbar, dass Sie dasselbe bei Applaus getan hätten.“ Gniffke konterte: „Es ist der Original-Ton aus dem Saal, nichts wurde dazu erfunden, nichts wurde unterdrückt oder manipuliert.“

Geteilte Meinungen

Da teilen sich nun die Meinungen, wenn man die Beiträge bei #tagesschau verfolgt. Sie schaukeln sich zwischen den Polen „Die Tagesschau macht eine tolle Arbeit“ und „Die ÖR geben mittlerweile ein trauriges Bild ab“ hoch.
Ich habe mir das Video wieder und wieder angesehen und angehört, ich glaube, ich habe nach Trumps Presse-Bashing für wenige Sekunden Beifall und Buhrufe vernommen. Danach fing das Grübeln an. Die „Tagesschau“ hat den Vorgang nicht manipuliert, sie hat den Vorgang, der eine Tatsache ist, überhöht. Sie gibt ihm eine Wichtigkeit bis hin zur Relevanz, die diese Sekündchen überhaupt nicht verdienen. Trump kassiert negative wie positive Reaktionen, so what, that’s the real Donald Trump.

Für Trumps Presse-Schelte braucht es nicht mehr Lautstärke

Was anderes ist bemerkenswert. Der US-Präsident hat die Presse als „hinterhältig, gemein, bösärtig, Fake“ beschimpft. Das kommt in dem „Tagesschau“-Video klar und unmissverständlich rüber, dafür musste der Tonregler überhaupt nicht bewegt werden. Für das Ausmaß, wie der Journalismus diskreditiert wurde, waren die Reaktionen in Davos leise. Kann es sein, dass der Trumpsche Medien-Furor zum langweiligen, langweilenden Narrativ degeneriert ist? Wenn die „Tagesschau“-Redaktion nun glaubt, sie müsste diesen Trump-Tinnitus mit erhöhter Lautstärke durchs Land senden, dann klatscht nur einer laut Beifall: Trump. Und seine Trojaner.

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