zum Hauptinhalt
Kann auch fies. Hugh Laurie spielt in der Spionageserie „The Night Manager“ den skrupellosen Waffenhändler Richard Ronslow Roper. Die sechs Folgen nach dem Roman von John le Carré sind ab dem 28. März exklusiv bei Amazon Prime zu sehen.

© Promo

Hugh Laurie im Interview: „Ich habe in meinem Leben keinen Plan“

177 Folgen „Dr. House“, jetzt „The Night Manager“: Hugh Laurie über hungriges Fernsehen, eigene Romane und volle Blasen.

Mister Laurie, ist der Waffenhändler Richard Onslow Roper in der Spionageserie „The Night Manager“ Ihr Einstieg in die Rolle des Bösewichts, der in Hollywood ja immer gefragt ist?

Tatsächlich habe, als ich den Roman von John le Carré vor 20 Jahren gelesen habe, gedacht, dass ich den Helden spielen würde, also Jonathan Pine, den ja jetzt Tom Hiddleston spielt. Jetzt muss ich diesen attraktiven Typen anschauen, der meine Rolle spielt. Ernsthaft: Ich bin auch mit Richard Roper sehr einverstanden, wie das Drehbuch für „The Night Manager“ überhaupt eine Galerie an ausgezeichneten Rollen bereithält.

Haben Sie die Schauplätze beeindruckt, immerhin Marokko, Mallorca, London?

So ganz viel sieht man gar nicht beim Drehen. Die Location ist immer zugestellt mit Trucks und Equipment, da bekommen Sie gar nicht so richtig mit, wo Sie sich gerade aufhalten. Im Roman lebt Roper ja auf einer Jacht, was seinen Charakter deutlich markiert: Er fühlt sich ja wie ein Pirat aus dem 18. Jahrhundert. Er sieht sich ja außerhalb des normalen Systems. Aber auf einem Schiff zu drehen, zu produzieren, das ist ein Albtraum.

War es eine gute Idee, „The Night Manager“ als sechsteilige Serie zu verfilmen und nicht als Kinofilm?

Zunächst glaube ich, dass die John-le-Carré-Adaptionen im Fernsehen die besseren sind als die Kinoverfilmungen. „Der Spion, der aus der Kälte kam“ mal als Ausnahme genommen – wunderschönes Kino. Die innere psychologische Sicht der John-le-Carré-Figuren verlangt aber Zeit, Details, Entwicklung. Ein Leben, das Leben in 90 Minuten? Hm. Das Leben ist ein kompliziertes Business. Oder wie Alfred Hitchcock es gesagt hat: Die Länge eines Spielfilms wird vorgegeben durch das Fassungsvermögen der menschlichen Blase.

Was hat Sie dazu gebracht, nach „Tomorrowland“ wieder für das Fernsehen zu arbeiten?

Ich arbeite gerne für das Fernsehen und ich habe es geliebt, „Dr. House“ in 177 Folgen zu spielen. Ich habe die Figur länger gespielt, als ich vielleicht für ein Medizinstudium gebraucht hätte. Die Spionagestorys von John le Carré habe ich stets sehr geschätzt, nicht nur die George-Smiley-Geschichten. Ich fühlte mich deswegen sehr geehrt, an der Verfilmung des „Night Manager“ teilnehmen zu können.

Wer Freiheit aufgibt, gewinnt kein Sicherheit

Spionage, Überwachung – beunruhigt Sie das?

Ich halte es da mit Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“ Wir dürfen unsere persönlichen Rechte und Freiheiten an keine Behörde, keine Polizei, keine Regierung abgeben.

Hat Sie die Auswahl von Susanne Bier als Regisseurin für „The Night Manager“ überrascht?

Schon, denn „The Night Manager“ ist distinguiert englisch, die Charaktere sind sehr spezifisch englisch, ihre Subtilitäten sind es. Und Susanne Bier ist Dänin. Und dann diese Intelligenz, ihr Instinkt für das Story Telling, ihre Ästhetik, Susanne Bier war brillant und noch brillanter, als ich es erwartet hatte vor Beginn der Dreharbeiten. „The Night Manager“ ist ihre Show.

Sie selber haben ja auch einen Roman geschrieben, „The Gun Seller“. Ein zweiter wird erwartet ...

... ein bisschen habe ich schon geschrieben. Ich bin zehn Jahre in Verzug. Aber bei Flaubert war es ja nicht anders. Ich werde schon noch fertig werden.

„The Gun Seller“ dreht sich ja auch um einen Waffenhändler. Verfilmt wurde er noch nie.

Richtig, und ich bin mittlerweile zu alt, um den Helden zu spielen. Das sollte vielleicht Tom Hiddleston übernehmen. Es gab immer wieder Pläne dafür. United Artists interessierte sich dafür, dann MGM, dann Sony, es wurde immer komplizierter. Es ist ja ein Dschungel, wie und bis ein Kinofilm produziert wird. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum immer mehr Autoren und Regisseure sich dem Fernsehen zuwenden. Bis tatsächlich ein Stoff fürs Kino verfilmt wird, das kann zwei, fünf, zehn Jahre dauern. Das Fernsehen ist hungrig nach Stoffen. Die Sender und Plattformen wollen die Serien eigentlich schon vor sechs Wochen fertig produziert sehen – das Fernsehen ist ein hungriges Medium.

Die Zahl der aufwendigen, anspruchsvollen Serien steigt und steigt. Ist das eine Gefahr für das Kino?

Ja. Das Fernsehen war über viele Jahre der arme Verwandte des Kinos. Das ist vorbei, die Filmindustrie ist aktuell in keinem gesunden Zustand, während das Fernsehen immer mehr an Stärke gewinnt. Allein in den USA wird es 2016 mehr als 600 Drama-Serien geben. Das ist verrückt, das kann so nicht weitergehen. Irgendwann werden mehr Menschen Programm produzieren, als es Zuschauer geben wird. Ich bin auch im Zweifel, ob die Streaming-Dienste jenseits von Werbeeinnahmen ihre Investitionen wieder hereinbekommen werden.

Nächstes Projekt: "Chance"

Der Grund dafür, warum Hugh Laurie mehr im Fernsehen statt im Kino zu sehen war?

Vielleicht war es Zufall, vielleicht Glück, dass die besseren und besten Drehbücher, die ich zu lesen bekam, Fernsehproduktionen waren. Ich muss aber auch zugeben, dass in meinem Leben keinen Plan habe. Ich bin wie ein Gummiball, flippere mal hierhin, mal dorthin, mal in diese, mal in jene Ecke. Ich sollte mir mal einen Plan zulegen. Als nächstes werde ich in der Verfilmung des Romans „Chance“ von Kem Nunn mitspielen, über einen Psychiater, der in San Franciso lebt und arbeitet. Es fühlt sich nach Film noir an, es geht um Obsessionen und eine Art von Lovestory. Ich bin fasziniert von Neurowissenschaft und Psychiatrie, von Fragen, die Identität und Bewusstsein betreffen.

Netflixen Sie?

Ein bisschen, ich schaue wenig Drama. Kommt vielleicht daher, dass ich während der Drehjahre für „House“ ganz wenig nach links oder nach rechts geschaut habe. Man will nicht abgelenkt sein, sondern fokussiert auf das, was man selber macht. Ich sah Sport, Dokumentationen – und in dem Modus bin ich heute noch.

Sind Sie für immer an die Drama-Serie verloren oder werden Sie wieder Comedy machen wie „Blackadder“?

War „House“ nicht ein lustiger Charakter? Die Attitüde dieser Show war doch, dass sie von der Comedy zur Tragödie wechseln konnte, von einem Moment zum nächsten. Das Leben ist doch lustig, Menschen sind lustig, und eine Fernsehshow, die das nicht bedenkt, ist nicht real noch ist sie glaubwürdig.

Und Ihre Musikerkarriere?

Letztes Jahr haben wir eine Welttournee gemacht.

Lieben Sie das Rockstar-Leben?

Naja, Rockstar. Wir sind eine Erwachsenen-Band, wir sind nicht 20, auch wenn wir mit dem Bus touren. Aber 16 Länder in 23 Tagen, das ist nicht schlecht, oder?

Das Interview führte Joachim Huber.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false