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Medien: „Ich hatte alle Morde aufgeklärt. Dann ging ich zum Fernsehen“

„Blacky“ ist beautiful. Joachim Fuchsberger über seinen 80. Geburtstag, die Edgar-Wallace-Retro-Welle und die vier großen „V“ einer glücklichen Ehe

Herr Fuchsberger, heute ist Ihr 80. Geburtstag, am Abend wird die Premiere von „Neues vom Wixxer“ in München groß gefeiert. Aufgeregt?

Nein, wieso aufgeregt? Es ist mein Alltag. Vor der Kamera zu stehen, das ist ja nichts Aufregendes für mich. Ich sehe das alles ganz gelassen. Ich bin ja nicht umsonst 80 Jahre. Ich bin 60 Jahre in dem Beruf.

Sie haben 1950 angefangen. Vor kurzem sagten Sie, dass Sie nach all dieser langen Zeit, in der es viele Begegnungen gab, keine wirklichen Freundschaften mitgenommen haben.

Ganz wenige nur. Wenn man so unglaublich vielen Menschen begegnet im Laufe so vieler Jahre, könnte man annehmen, dass bei der Enge der Zusammenarbeit und der Dichte der Begegnungen mehr bleibt. Aber das ist nicht der Fall. Natürlich habe ich einige wenige aus dieser Zeit, aber die kann ich an einer Hand abzählen.

Wie erklären Sie sich das? Weil alles nur Show, mehr Schein als Sein ist?

Das ist schwer zu erklären. Ich ergehe mich ungern in solchen philosophischen Betrachtungen. Ich glaube, dass die Intensität der Begegnungen während der Arbeit ein Übermaß auch an Emotionen hervorruft, und hinterher, wenn man sich dann aus den Augen verloren hat, verliert man sich auch aus dem Sinn. Um wirklich tiefgehende Beziehungen zu gründen in einer solchen Zeit, dafür ist sie dann doch immer zu kurz. Das ist mir in den letzten Jahren nur ein einziges Mal passiert, mit meinem Kollegen Ralf Bauer.

Bei Ihrem gemeinsamen Theaterstück „Der Priestermacher“ hier in München.

Eigentlich schon etwas vorher, bei unserem Fernseh-Zweiteiler „Tristan und Isolde“ 1998. Und diese Begegnung hat mich dazu veranlasst, darauf zu bestehen, dass der Ralf Bauer mein Partner wird auf der Bühne.

Wenn wir zurückgehen, in die Zeit noch vor den Edgar-Wallace-Filmen. Sie haben 1954, nach drei Jahren beim Radio, als Schauspieler angefangen, in den Kinofilmen „08/15“ als Gefreiter Asch.

Das war die erste große Geschichte, gleich als Trilogie. Und es war die Begegnung mit Regisseur Paul May. Wir waren enge Freunde, bis zu seinem Tod.

Sie sprachen in diesem Zusammenhang auch von Heinz Rühmann und Romy Schneider. Mit Romy Schneider hatten Sie auch gedreht, 1955 in Harald Brauns „Der letzte Mann“.

Ja, mit der Romy, an der Seite von Hans Albers. Aber mit Heinz Rühmann habe ich nie gedreht. Wir waren miteinander verbunden durch die Fliegerei, und wir wohnten hier in München in der gleichen Gegend. Heinz Rühmann kam mal zu mir rüber und fragte, ob er Material haben dürfe für die Ausbildung seines Sohnes als Pilot. Das habe ich ihm gerne gegeben, und dafür hat er sich dann revanchiert mit einem Spielzeugkasten für meinen Sohn Thomas. Wir haben nie zusammen gearbeitet – allerdings war er mal bei mir in der Show.

Romy Schneider nannten Sie „ein blutendes Herz“ …

Romy Schneider war ein wunderbares Menschenkind. Als ich sie kennenlernte, war sie, glaube ich, 16. Ich habe mit ihr gedreht, habe ein bisschen erlebt, wie sie die große Sissi wurde, die sie noch nicht war, als ich sie kennenlernte. Sie war damals die sehr umhegte Tochter der Magda Schneider und ihres Stiefvaters Herbert Blatzheim. Und ich habe sie später dann noch ein paar Mal getroffen, und wenn man so will, waren wir auch befreundet. In Rom habe ich sie längere Zeit gesehen, da hat sie mit Visconti gedreht, und ich mit dem Antonio Pietrangeli. Da war sie schon verheiratet mit Harry Meyen. Ich habe mit großem Interesse ihren Weg verfolgt und war zutiefst betrübt, als die Nachricht von ihrem Tod kam.

1959 ging es mit den Edgar-Wallace-Filmen los. Sie spielten in zwölf Filmen mit. Was bedeutet diese Zeit heute? Zumal junge Menschen unter 20 in „Der Wixxer“ gehen.

Die eigentliche Fanschar der alten Wallace-Filme ist noch jünger, das sind die 12-, 13-, 14-Jährigen, die das im Fernsehen mit großem Interesse sehen. Sie sind die Basis dafür, dass die alten Wallace-Filme zu einer Art Kult wurden. Jüngere Leute kommen völlig unvoreingenommen zu mir und fragen: „Warum machst du denn so was nicht mehr?“ Die kriegen gar nicht mit, dass inzwischen 40 Jahre vergangen sind.

„Neues vom Wixxer“ – der Titel gefällt Ihnen nicht so sehr.

Das war so beim ersten Film, der nur „Der Wixxer“ hieß. Das trug dazu bei, dass ich davon nichts wissen wollte. Es gab im Vorfeld viele Versuche, die Wallace-Zeit zu revitalisieren und daraus Nutzen zu ziehen. Auch der ursprüngliche Produzent Horst Wendlandt konnte sich diesem Gedanken nicht entziehen und hat mir vorgeschlagen, dass wir neue Filme machen sollten. Ich habe ihn gefragt: „Was soll ich da spielen?“ Er antwortete: „Na, dasselbe wie früher, den Kommissar.“ Da war ich bereits 75 und habe ihm gesagt, dass das Unsinn sei.

Dann haben Sie doch zugesagt, bei der zweiten Wallace-Persiflage.

Der Oliver Kalkofe war so clever, mir eine DVD nach Australien zu schicken, nachdem er gehört hatte, dass ich mir den ersten Film nicht mal anschauen wollte. Und ich war begeistert, habe gesagt: „Donnerwetter, es tut mir leid, dass ich so voreingenommen war.“ In der Zwischenzeit ist auch der Titel kein Problem mehr. Selbst die jüngsten Damen unserer Medienlandschaft bringen „Neues vom Wixxer“ mühelos über die Lippen und grinsen dazu.

Amüsant war es 1972 bei den Olympischen Sommerspielen in München nicht, als Sie dort Chefsprecher waren, und es die Drohung eines weiteren Terroranschlags gab. Hatten Sie damals Angst?

Bei der Schlussfeier hatte ich unendliche Angst, ja. Als angekündigt wurde, dass möglicherweise nicht identifizierte Flugobjekte das Stadion angreifen und Bomben werfen. Ich hatte Angst vor der Entscheidung, die man mir übertragen hat: Ob ich das Stadion räumen lasse oder nicht. Und dies nach dem Überfall auf das Olympische Dorf. Zudem wusste ich über die Situation im Stadion genau Bescheid, das bereits überfüllt war. Wenn ich jetzt in dieser Situation die 75 000 Menschen auffordere, das Stadion so schnell wie möglich zu verlassen, dann kann man sich vorstellen, was passiert wäre. Ich habe mich dafür entschieden, nichts zu tun. Ich wäre für den Rest meines Lebens nicht mehr froh geworden, wenn dort unten totgetrampelte Menschen liegen, und es wäre gar nichts passiert. Davor, dass ich da die falsche Entscheidung treffe, hatte ich Todesangst.

Sie haben zu jener Zeit quasi die Seiten gewechselt. Sie gaben mit „Das fliegende Klassenzimmer“ 1973 die Schauspielerei auf und gingen zur Fernsehshow.

Es war eine günstige Gelegenheit, mit einer guten Visitenkarte die Szene zu verlassen. Wallace war vorbei. Ich hatte jegliche Art von Mord aufgeklärt, und jegliche Art von Dialog mit hübschen Damen geführt. Dann kam das Angebot des Fernsehens, was ungeheuer reizvoll und eine Herausforderung war. Denn von einem geschlossenen Filmstudio in das Wildwasser der Live-Fernseh-Unterhaltung einzusteigen, da hat sich manch einer das Genick gebrochen. Sie stehen alleine vor Millionen von Menschen. Und Sie werden gefordert, zu jeder sich im Augenblick befindenden Situation das Bestmögliche zu sagen, und das gelingt nicht immer …

Blacky im Nachthemd war 1983 ein Skandal. Blacky im Nachthemd 2007 bei „Wetten, dass ...?“

Man hat damals alles auf die Goldwaage gelegt. Heute ist alles möglich. Mein Nachthemd damals war ein Skandal. In der letzten Ausgabe von „Wetten, dass …?“ war das überhaupt kein Skandal mehr. Wie auch, wenn Thomas Gottschalk eine Sendung zuvor mit seiner unbestritten hervorragenden Figur in dem gewagten „Borat“-Badeanzug aufgetaucht ist. Da hat sich niemand aufgeregt, alle fanden das lustig. Mein Nachthemd 1983 war ein züchtiges Bauernhemd, das bis zum Boden hing.

Ihre Heimat ist seit über 20 Jahren auch Australien. Sie leben teils dort, teils in München.

Nicht nur das, ich bin auch australischer Staatsbürger.

Und Sie haben allein 21 Folgen für die ARD-Reihe „Terra Australis“ gedreht. Ist das ein Zuhause, ein zweites?

Ich bin in Australien genauso zu Hause wie hier. Aber daheim bin ich hier.

Ist es indiskret, wenn ich Sie heute frage, ob Sie Angst vor dem Tod haben?

Nein, überhaupt nicht. Weder ist es indiskret noch habe ich Angst. Nein, es ist mir inzwischen ein gewohnter Gedanke, und es ist für mich eine ganz klare und logische Erkenntnis, dass zur Geburt der Tod gehört. Ich habe mal einen schönen Spruch gehört, den ich mir vor Jahren schon zu eigen gemacht habe: „Jeder Mensch weiß, dass er sterben muss, nur keiner glaubt’s.“ Ich glaube es, ich war schon so oft so nah dran und habe eigentlich nichts Schreckliches dabei empfunden.

Haben Sie eine Antwort darauf, was Ihnen überhaupt das Wichtigste im Leben war und ist?

Ja, eine sehr schnelle: Meine Ehe! 53 Jahre in engster Verbundenheit. Das ist meine Kraftquelle. War es immer, ist es bis heute.

Werte, die heute immer geringer geschätzt werden.

Das ist wie eine eustachische Röhre: Sie werden immer geringer geschätzt, aber sie bekommen immer größeren Wert. Erstaunlich. Viele fragen, wie wir das gemacht haben, meine Frau Gundel und ich.

Das Rezept dafür?

Man muss sich Mühe geben. Ich sage immer, mein Rezept sind die vier großen „V“: Vertrauen, Verstehen, Verzeihen, Verzichten. Das kann man durchspielen und sagen, ah ja, hört sich ja sehr simpel an. Aber: Produziere es in dem Moment, in dem du es brauchst!

Jetzt werden Sie doch noch philosophisch, Herr Fuchsberger.

Na, mehr ein philosophisches Rezept. Sagen wir, Sie beginnen eine Ehe. Da kommt ja keiner um das Versprechen herum: „Bis dass der Tod euch scheidet.“ Aber die wenigsten sind dazu bereit, sich völlig abzukehren vom Ich und sich hinzuwenden zum Wir. Das ist aber eines der großen Geheimnisse. Und trotz dieser Verbindung mit einem Menschen wird dieser andere nicht zum Eigentum. Er bleibt ein Individuum. Mit seinen Eigenheiten. Und um ganz groß zu tönen, wobei mir das gar nicht liegt, da ich nicht religiös bin: Mit seiner eigenen Seele. Es ist die wirkliche Entschlossenheit, ihn in seinem Charakter, in seiner Seele nicht zu verformen. Wer auch immer versucht, seinem Partner das zu nehmen, wird Schiffbruch erleiden.

Das Gespräch führte Thilo Wydra.

„Ein Leben wie im Flug“, Donnerstag, ARD, 20 Uhr 15

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