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Medien: „Ich laufe mit keiner Axt durch die Gegend“

Der neue ZDF-Mann Jürgen Klopp über sein Image, TV-Experten und junge Wilde in der Bundesliga

Herr Klopp, Sie haben einen neuen Job: Sie werden Spiele des ConfedCups kommentieren. War das Ihre Idee?

Dieter Gruschwitz vom ZDF hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich hab’ ein paar Wochen nachgedacht und dann gesagt, das kriegen wir hin, das machen wir.

Warum tun Sie sich das an? Warum wollen Sie nicht in der Sonne liegen und sich erholen wie Ihre Spieler?

Aus zwei Gründen. Zum einen ist da die WM im kommenden Jahr, die jeden Fußballer elektrisiert. Dabei eine Rolle spielen, ganz nah dran sein zu können, das hat mich sehr gereizt. Die Spiele jetzt sind eine gute Vorbereitung auf die WM. Zum zweiten kriege ich es nicht hin, mich ein Jahr vor dem WM um Karten zu kümmern. Das Problem hat sich jetzt von allein erledigt. Ganz praktisch.

Haben Sie sonst nichts zu tun? Keine Vorbereitung auf den UEFA-Cup?

Für mich ist der Confed-Cup wie Urlaub machen. Was ich jetzt mache, also zum Beispiel durch Leipzig laufen und Fußball gucken, kann man doch nicht zwingend als Arbeit bezeichnen. Und nach dem Spiel darüber zu reden, finde ich auch nicht wirklich dramatisch.

Sie bleiben auch als Experte Fußballer. Macht es Ihnen nichts aus, als Kommentator auf der anderen Seite zu stehen?

So sehe ich das ganz und gar nicht. Ich werde nicht der Experte sein, der den Protagonisten nach getaner Arbeit sagt, was sie alles hätten besser machen müssen. Ich will den Zuschauern erklären, was auf dem Spielfeld passiert ist und warum. Zu verstehen, warum ein Spiel wie gelaufen ist, das finde ich spannend. Es wäre doch langweilig, einfach nur zu sagen, das und das ist schlecht gelaufen. Es geht darum, sich an den Spielen zu erfreuen. Wenn ich mir vorstelle, die Brasilianer zum ersten Mal live spielen sehen zu können, da geht mir das Herz auf.

Auf welche Überraschungen werden wir uns mit Ihnen als Kommentator freuen können?

Erst einmal werde ich mich von mir selbst überraschen lassen. Allerdings habe ich mich mit Johannes B. Kerner auf Anhieb gut verstanden, auch mit Urs Meier, der uns ganz sicher neue Aspekte aus der Sicht des Schiedsrichters aufzeigen wird. Ich nehme das Ganze nicht so bierernst, das wird eine witzige Sache werden. Ich habe ja das große Glück, nicht auf die Meinung aller Rücksicht nehmen zu müssen. Das macht’s natürlich einfacher.

Was genau ist Ihre Aufgabe?

Ich werde mir die Spiele ansehen und mich dann darüber unterhalten.

Haben Sie uns Neues zu sagen?

Im Idealfall will ich die Zuschauer auf die Dinge aufmerksam machen, die sie sonst nicht so mitbekommen. Wenn Sie so wollen, geht es mir um eine andere Sicht auf den Fußball. Da ist schon Überraschendes dabei, das kann ich Ihnen versprechen. Es sind ja nicht alle Zuschauer hauptberufliche Fußballtrainer.

Haben Sie eine Idee, was man bei Fernsehübertragungen besser machen könnte?

Ich hätte gern eine fest installierte Hintertorkamera, wie wir sie in Mainz haben. Dann könnte man viel besser erkennen, wie es zu einem Tor gekommen ist. Und natürlich auch viel besser erklären, warum etwas nicht funktioniert hat.

Gab’s Vorgaben vom ZDF, eine Kleiderordnung, Schleichwerbungsverbot?

Überhaupt nicht. Zu mir ist keiner gekommen, um mir zu sagen, was ich sagen, anziehen oder nicht sagen soll. Das ZDF hat mich völlig in Ruhe gelassen. Ich werde mich also heute ins Studio setzen, mich schminken lassen und dann manchen, was ich immer mache.

Und das wäre?

Über Fußball reden. Aber nicht so, dass hinterher ein Spieler sich nicht mehr aufs Feld wagen kann, weil ich ihn fertig gemacht hätte. Ich bin kein Miesmacher und laufe mit keiner Axt durch die Gegend. Vor mir muss sich niemand fürchten. Das bin ich nicht, und das ist nicht meine Aufgabe. Wenn das ZDF so etwas gewollt hätte, dann hätte es einen anderen nehmen müssen.

Werden Sie gar keine Werbesticker tragen? Das machen doch alle Ihre Kollegen.

Nein, gar nichts. Nicht mal eine Anstecknadel von Mainz 05.

Die Herren Netzer und Beckenbauer können auf eine lange Karriere als Nationalspieler zurückblicken. Sie waren zwar Rekordspieler in der Zweiten Liga, aber: Reicht das?

Das wird vielleicht Johannes B. Kerner in Schwierigkeiten bringen, weil er mich nicht fragen kann, wie war denn das damals bei euch, 1974 oder 1990? Wir werden es ein bisschen anders machen müssen. Ich mache mir da keinen Kopf. Auf jeden Fall kann ich schon jetzt jede Menge Spaß versprechen.

Was sagen Sie. Soll Jürgen Klinsmann nach Deutschland ziehen oder nicht?

Das sind genau die Diskussionen, an denen ich mich nicht beteiligen werde. Mir geht’s um Fußball, und sonst um nichts.

Das ZDF bezeichnet Sie als „jungen Wilden“. Sind Sie das wirklich?

Matthias Sammer und ich sind, glaube ich, die jüngsten Trainer in der Bundesliga. Insofern ist vielleicht was dran. Ansonsten ist das eher eine Erfindung von Zeitungen. Mich beschäftigt das nicht wirklich.

Macht Ihnen das Fernsehen gar keine Angst?

Wovor sollte ich Angst haben? Ich sehe nichts, was ich nicht stemmen könnte. Wenn etwas passieren sollte, dann kann ich ja immer noch darüber nachdenken.

Sie nehmen’s leicht. Beneidenswert.

Ich nehme Fußball nicht so tödlich ernst. Ich gehöre nicht zu denen, die nach einer missglückten Äußerung sagen, wie konnte das passieren, mein Leben ist zu Ende. Man kann doch alles richtig stellen und was anderes sagen.

Und wenn Sie nun doch scheitern?

Wenn man an eine Aufgabe positiv herangeht, dann ist die Chance auch relativ groß, dass es gut gehen wird. Ich glaube an das Positive.

Wird dem Fußball heute nicht eine viel zu große Bedeutung beigemessen? Man könnte manchmal glauben, es ginge um Leben und Tod.

Fußball ist ein Spiel und soll es auch bleiben. Auch wenn es nicht wenige Menschen in Ungarn geben soll, die sagen, dass die Geschichte ihres Landes anders verlaufen wäre, hätten sie 1954 die WM gewonnen.

Was machen Sie, wenn Sie das Fernsehen aufregt?

Wenn mir etwas nicht gefällt, dann mache ich den Kasten aus.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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