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Schalk im Nacken. 2014 begann Johann von Bülow mit Lesungen aus den Kolumnen seines Großonkels Loriot. Daneben arbeitet der 46-Jährige vor allem als Schauspieler. Seit November ist er als Fallanalytiker in der ZDF-Krimireihe „Herr und Frau Bulle“ zu sehen. Die Dreharbeiten für eine zweite Episode haben bereits begonnen.

© Jan Wirdeier/Promo

Im Interview: Johann von Bülow: „Für einen Lacher verkaufe ich meine Oma“

Der Schauspieler Johann von Bülow im Gespräch über seinen Verwandten Loriot, Humor unter der Gürtellinie und die Berliner Küche.

Herr von Bülow, Sie sind nicht nur in Filmen sehr präsent, sondern auch auf Lesungen.

Neben meinen Prioritäten Film- und Fernsehen ist das Vorlesen in den letzten vier Jahren ein weiterer Teil meiner Arbeit geworden. Ich fühle mich ein bisschen wie die arabischen Geschichtenerzähler von früher. Und ich habe immer mehr Spaß an der altmodischen Erzählerrolle. In nur einer Person kann man den ganzen Kosmos einer Geschichte wiedergeben. Das ist quasi die Ur-Form der Schauspielerei: Einer erzählt und alle hören zu.

Die Hauptrolle ist Ihnen so auf alle Fälle sicher.

Das stimmt.

Seit 2014 lesen Sie aus Loriot-Werken. Was hat Sie, außer dass Sie mit Vicco von Bülow verwandt sind, daran gereizt?

Das war eher ein Zufall. Vicco von Bülows Tochter Susanne wohnt in Berlin nicht weit entfernt und kam auf mich zu mit einem Buch, in dem Loriots Kolumnen von 1957 bis 1961 zu finden sind. Daraus habe ich dann 2014 zum Kick off in der Berliner „Bar der Vernunft“ gelesen und mache es seitdem unregelmäßig immer mal wieder. Letztes Jahr war ich unter anderem in Görlitz. 2019 lese ich wieder aus „Der ganz offene Brief“, so auch am 14. Februar in Dresden.

Nervt Sie, dass Sie oft auf Ihren berühmten Verwandten angesprochen werden?

Nein, warum sollte es? Es gibt um die 800 Familienmitglieder mit dem Namen von Bülow! Alle zwei Jahre gibt es einen Familientag, da war ich aber, glaube ich, nur zweimal in meinem Leben. Ich finde das alles schön und gut, doch am Ende ist von Bülow nur ein Name.

Ende letzten Jahres lockte die erste Folge von „Herr und Frau Bulle“ sechs Millionen Zuschauer vor den Fernseher. Die Verlängerung der ZDF-Reihe mit Ihnen war da, unabhängig von der Quote, bereits beschlossene Sache. Was bedeuten Ihnen die Zuschauerzahlen?

Ich habe Respekt vor ihnen. Und bei „Herr und Frau Bulle“ war ich natürlich gespannt. Mir ist am wichtigsten, etwas zu machen, wovon ich wirklich überzeugt bin, denn dann ist auch die Chance da, dass die anderen es ebenso lieben werden. Nach dem Dreh von „Rufmord“, einem eher düsteren Film, war der Spaß beim Dreh der neuen ZDF-Reihe willkommen. Vor allem, weil mein Ermittler auch ein bisschen peinlich sein darf. Scham als Humorelement fehlt in Deutschland ja ein bisschen. So radikal wie die fantastische Netzserie „Jerks“ sind wir allerdings nicht. Ich bin ein großer Fan des Formats.

Trotz der Entblößungen, die bis an die unterste Gürtellinie gehen?

Beruflich finde ich es super, lustvoll die Abgründe einer Figur auszuloten. Für einen Lacher verkaufe ich meine Oma, wie man so schön sagt. Die Leute verbinden natürlich gern Figuren und ihre Darsteller, umso bedeutender die Rollen sind. Da wird man dann schon mal entsprechend auf der Straße begrüßt...

… auf der Sie oft mit dem Rad unterwegs sind. Sehr sportlich!

Ich bewege mich grundsätzlich gern, spiele viel Tennis. 2018 bin ich sogar bei der Tour de France eine Etappe für Skoda mitgeradelt, so um die 100 Kilometer.

Wann ist ein Auto unerlässlich?

Wenn wir zum Beispiel im Sommer an den Gardasee fahren. Dann meist mit Auto und Hänger, denn wir haben ein Rennsegelboot, Surfbretter, das Zubehör fürs Kitesurfen, Räder kommen auch noch dazu.

Sie segeln?

Ja, mit einer RS800, einer sportlichen Jolle, so ähnlich wie ein 49er. Es ist ein sehr schnelles Segelboot, das ich zusammen mit meiner Frau gebraucht gekauft habe. Sie segelt deutlich besser, aber auch schon länger.

Was können Sie besser? Vielleicht kochen?

Ich kann es zumindest. Meine Mutter war eine erfolgreiche Frau mit einem Beruf, da hat das mit dem Kochen nicht immer geklappt. Also habe ich mir das mit 20 Schritt für Schritt selbst beigebracht. Es hat aber gedauert. Meine Frau hat zwei Söhne aus erster Ehe. Als die noch klein waren, habe ich in der Küche rumexperimentiert, da gab es oft so spät Essen, dass alle schon schlafen gegangen waren, wenn ich fertig war. Das ist jetzt glücklicherweise nicht mehr so.

Verfolgen Sie in der Küche einen Trend? In Berlin ist das ja fast schon ein Muss.

Nein. Ich möchte nicht grundsätzlich auf tierische Produkte verzichten. Fleisch muss aber nicht bei jedem Essen sein. Hauptsache, nicht verbissen sein!

Gibt es Situationen, wo Sie es sind?

Ich habe eine sehr protestantische Seite. Ehrgeiz wird ja oft als notwendig beschrieben, um erfolgreich zu sein. Aber vielleicht stimmt das gar nicht.

Klingt, als stellen Sie es ernsthaft infrage. Käme eine Auszeit infrage?

Ganz ehrlich? Im Moment verschafft mir dieser Gedanke noch totale Panik. Aber vielleicht wäre es mal ratsam, ein halbes Jahr darüber nachzudenken, was wichtiger ist als Arbeit.

Waren Sie eigentlich auch mal der jüngere Filmliebhaber einer Schauspielerin?

Nur am Theater, als ich angefangen habe. Aber seitdem nicht mehr. Schade eigentlich.

Hat die MeToo-Debatte Ihrer Meinung nach etwas bewirkt in der Branche?

Ein Anfang ist gemacht, aber da muss noch mehr passieren. Ein häufiges Klischee ist nach wie vor, dass im TV Männer in meinem Alter, also um die 46, deutlich jüngere Partnerinnen haben. Da erschafft man eine falsche Erwartungshaltung beim Zuschauer. Für meine gleichaltrigen Kolleginnen, mit denen ich seit 20 Jahren spiele, wird es mit zunehmendem Alter auch immer schwieriger, interessante Rollen zu bekommen. Wieso können Männer sichtbar altern, Frauen aber nicht? Das muss sich ändern!

Was noch?

Auch die Bezahlung ist noch ungleich. Unbestritten ist, dass Frauen noch immer weniger Gehalt für die gleiche Arbeit bekommen. Aber es ist an der Zeit, gemeinsam diese Ungerechtigkeit zu beenden. Auch wenn das am Ende heißt, dass Männer ein Stück von ihrem Kuchen abgeben müssen. Ich tue das gerne.

Das Gespräch führte Cäcilia Fischer

Cäcilia Fischer

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