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Im RADIO: Bis ins tiefe Herz der Uckermark

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Der saarländische Schriftsteller Alfred Gulden besitzt eine außergewöhnliche Stimme. Gulden schreibt Romane, doch zuvor hat er Sprechwissenschaft studiert und als Sprecherzieher gearbeitet. Ein Kapital, mit dem er nun bei Lesungen wuchert: als Vokalmusiker, Schnellsprecher, Wortakrobat. Im Studio hat Gulden aus einem seiner Romane gelesen, musikalisch assistiert vom Posaunisten Christof Thewes. Das Hörstück „Die kleine Maghrebinerin“ beweist, dass sowohl Guldens Stimme als auch Thewes’ Posaune hochexpressive Instrumente sind. Wir hören Literatur, die groovt. Ein Hörspiel, das so richtig swingt (Kulturradio vom RBB, 11. April, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Ein Restaurantkritiker fällt beim Essen in einer Hamburger Nobelschänke tot vom Stuhl. Er wurde vergiftet mit einer Substanz, die sich wenige Stunden nach der Tat nicht mehr im Körper nachweisen lässt. Der ermittelnde Kommissar stößt auf ein Nervengift aus der Zeit des Kalten Krieges und auf dubiose russische Geschäftsleute, die in der deutschen Spitzengastronomie Fuß fassen wollen. Was an sich nicht besonders originell wäre, trieben nicht die Schauspieler Friedhelm Ptok als Kommissar Leipziger und Jens Bohnsack als sein Assistent Stövhase die hanseatische Kauzigkeit ihrer Figuren bis in die Zonen eines fröhlichen Wahnsinns. So wird der Krimi „Nur ein toter Gourmet“ zum radikalen Hörgenuss (Deutschlandfunk, 12. April, 0 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Der Dokumentarfilmer Andreas Veiel ist tief in die Uckermark gefahren. In das Dörfchen Potzlow, dessen trauriger Ruhm sich der Gewalt verdankt. Ein 16-Jähriger wird zu Tode geprügelt, die Täter haben das gleiche Alter, der Anlass ist nichtig. Veiel hat in Potzlow mit vielen gesprochen. Mit Jugendlichen und mit denen, die sich um Jugendliche kümmern sollen. Mit den Tätern und mit Angehörigen des Opfers. Aus dem dokumentarischen Material ist nun auch ein Hörspiel geworden. Wer in das dunkle Herz der Uckermark hinabsteigen möchte, dem sei Veiels eindringliche Recherche „Der Kick“ empfohlen (SWR 2, 13. April, 18 Uhr 20, Kabel UKW 107,85 MHz).

Im Jahr 1974 wird Patty Hearst von Terroristen entführt. Sie ist 19 Jahre alt, Tochter aus bestem Hause, Erbin eines Millionenvermögens. Aber nach wenigen Wochen Gefangenschaft denkt sie nicht mehr an ihre Herkunft. Patty ist nun auch Terroristin, überfällt Banken und wird im Amerika der siebziger Jahre zu einer revolutionären Ikone. „Patty Hearst – Princess and Terrorist“ heißt das muntere Hörspiel, das die Band "Stereo Total" nach ihrer Lebensgeschichte erschaffen hat. Genauer gesagt handelt es sich hier um eine Art Pop-Musical, mit schön schrägen Songs über Bankraub, sexuelle Revolution und das Stockholmsyndrom. Ein multiperspektivischer Rückblick auf die wirr-lebendigen Siebziger in Amerika. Die Geschichte eines naiven High-Society-Girls, das zur Bankräuberin mutiert und am Ende wieder in den Schoß der bürgerlichen Familie zurückkehrt (Deutschlandradio Kultur, 14. April, 0 Uhr 05).

Nicht nur in Russland haben es mittellose, aber begabte junge Männer geschafft, in den Wirren der postkommunistischen Transformation gewaltige Vermögen zusammenzuraffen. Einen Oligarchen aus Rumänien porträtiert Keno Verseck in seinem Feature „Vom Schafhirten zum Milliardär“. Der heute 49-jährige George „Gigi“ Becali hängte Anfang der Neunziger seinen bescheidenen Beruf an den Nagel und dealte mit Grundstücken. Bald konnte er sich einen Bukarester Fußballklub kaufen und später auch eine kleine Partei namens „Neue Generation“. Mit wilden nationalistischen Parolen schaffte er den Aufstieg zu einem der populärsten Politiker Rumäniens. Die Präsidentenschaft ist sein nächstes Karriereziel. Intime Kenner der rumänischen Verhältnisse halten das für durchaus realistisch (Deutschlandfunk, 15. April, 19 Uhr 15).

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