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Medien: Im Radio: Lyriker und Abenteurer

Wer am Weihnachtstag mit Ungeduld die Bescherung erwartet - oder die abendliche Ansprache des Bundespräsidenten - kann sich die Zeit mit einem Hörgenuss der besonderen Art verkürzen: Grimmelshausens "Abenteuerlicher Simplicissimus" ist in einer schönen Radiofassung zu hören. Dieser grandiose Roman, das erste Stück Weltliteratur in deutscher Sprache, ist noch immer eine Abenteuergeschichte ohne Beispiel.

Wer am Weihnachtstag mit Ungeduld die Bescherung erwartet - oder die abendliche Ansprache des Bundespräsidenten - kann sich die Zeit mit einem Hörgenuss der besonderen Art verkürzen: Grimmelshausens "Abenteuerlicher Simplicissimus" ist in einer schönen Radiofassung zu hören. Dieser grandiose Roman, das erste Stück Weltliteratur in deutscher Sprache, ist noch immer eine Abenteuergeschichte ohne Beispiel. Ein Zeitdokument, das auch nach drei Jahrhunderten keinen Staub angesetzt hat. Simplex Teutsch und seine große Reise durch die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, nebst den uferlosen Mühen, ein korrektes Christenleben zu führen (SWR 2, 24. Dezember, 16 Uhr 05, Kabel UKW 107,85 MHz).

Wenn die christliche Weihnacht dann hinter uns liegt, wenn im Kulturradio alle Oratorien gesungen und selbst Eugen Drewermanns erbaulichen Worte verklungen sind, warten wieder spannende Feature auf den geneigten Hörer. Zum Beispiel über das Leben des Russen Vadim Iwanowitsch Tumanow. Tumanows Existenz böte genügend Stoff für einen dickleibigen Abenteuerroman, kaum weniger bizarr als Grimmelshausens Meisterwerk. Anfang der Fünfziger Jahre war der Russe Arbeitssklave in einem sibirischen Bergwerk und hat dort die strategischen Goldreserven der Sowjetunion aus der Erde gebuddelt. Er machte sich als Spezialist unentbehrlich und wurde nach seiner Entlassung zum Chef aller russischen Goldwäscher ernannt. Mit Tumanows Gold ließ sich der Staatsbankrott des kommunistischen Imperiums immer wieder hinauszögern. Heute ist der Russe eine graue Eminenz in der neuen Ökonomie seiner Heimat (Radio Kultur, 27. Dezember, 22 Uhr, UKW 92,4 MHz).

Um danach wieder auf den Boden des Alltags zu gelangen, sei eine Sendung empfohlen, die sich unter dem schönen Titel "Nimm nichts und füge nichts hinzu" der japanischen Kunst des Haikus widmet. Der knappsten Form der Weltliteratur: siebzehn Silben, auf drei Zeilen aufgeteilt. Eine lyrische Verneigung vor den Wundern der Gewöhnlichkeit. "Das Erscheinen dieser Gesichter in der Menge/Blütenblätter auf einem nassen, schwarzen Ast", dichtete etwa Ezra Pound. Im stillgestellten Augenblick wird die metaphysische Tiefe der Erscheinungswelt besungen. Die Tugenden des wahren Haiku-Poeten heißen Humor, Melancholie, schweigsames Mitgefühl. Das Feature ist den einschlägigen japanischen Meisterdichtern gewidmet, will aber auch den Nachweis führen, dass diese Art Poesie nicht allein den Asiaten gelingt (Deutschlandradio, 27. Dezember, 19 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

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