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Im RADIO: Vom Burgfräulein zur Friseuse

Was Sie im Radio nicht verpassen sollten

Schon zwei Mal hat der Poet Marc Uwe Kling die deutsche Slam-Meisterschaft gewonnen. Der Endzwanziger ist ein begnadeter Entertainer, der mit bösem Witz die Existenzverhältnisse im Radikalkapitalismus besingt. „Auf das Känguru gekommen“ heißt sein aktuelles Bühnenprogramm, das nun auch im Radio nachgehört werden kann. Hier fabuliert Kling von einer Wohngemeinschaft, die er mit einem Känguru eingegangen ist. Das vorlaute Beuteltier überrascht den Mitbewohner regelmäßig durch diskursive Höhenflüge. Um sein Publikum glänzend zu unterhalten, braucht Kling eigentlich nur noch aufzuschreiben, was das Känguru über Welt und Menschen sagt (Deutschlandfunk, 19. Mai, 21 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Kathi ist Friseuse in Berlin. Weil ihr Leibesumfang angeblich das ästhetische Empfinden der Kundschaft beleidigt, hat sie die Stelle bei Friseur Krieger nicht bekommen. Also sucht die Unerschrockene nach Risikokapital, um einen eigenen Laden aufzumachen. Eben war Kathi noch Hauptfigur in Doris Dörries neuem Film, nun hat Regisseurin Judith Lorentz das Drehbuch von Laila Stieler unter dem Titel „Ick bin nu ma Friseuse“ als Hörspiel adaptiert. Die Lebensbekenntnisse eines weiblichen Hans im Glück, großartig von der Schauspielerin Steffi Kühnert interpretiert. Wie die dicke Friseuse durch ihr irdisches Jammertal wandert und dabei weder Witz noch Lebenskraft verliert (Kulturradio vom RBB, 21. Mai, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Erinnern und Vergessen sind Fundamentalereignisse unseres geistigen Lebens. Ohne Erinnerung gibt es keine Identität, aber auch das gesunde Vergessenkönnen ist notwendig. Die Wissenschaft sucht nach den neurophysiologischen Wurzeln des Gedächtnisses und hat dabei entdeckt, dass Erinnern ein äußerst selektiver Vorgang ist. Unser Gedächtnis sorgt sich weniger um die exakte Reproduktion des Vergangenen als um dessen Nützlichkeit für die Gegenwart. In ihrer Langen Radionacht „Wie wir uns erfinden“ sprechen Almuth Schnerring und Sascha Verlan mit Gedächtnisexperten aller Art über die Ticks und Tricks unseres Erinnerungsapparates (Deutschlandradio Kultur, 22. Mai, ab 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Die junge Florinde ist ein echtes Kind des Mittelalters. Sie lebt auf einer Ritterburg und soll später mal ein galantes Fräulein werden. Das heißt vorerst alle Tage Latein und Französisch lernen, dazu Unterricht im Dichten, Tanzen und Fidelspielen. Florinde ist es gar nicht so unrecht, wenn nun ein Abenteuer dazwischenkommt. Der Burgbrunnen ist vergiftet, laut einer alten Sage kann nur das magische Einhorn die Quelle wieder genießbar machen. Das preisgekrönte Kinderhörspiel „Das wunderbare Abenteuer der Florinde vom Hohenfels“ von Susanne Friedmann und George K. Berres erzählt, wie Florinde ganz allein in den Zauberwald aufbricht, um so ein scheues Fabelwesen zu fangen (Kulturradio vom RBB, 23. Mai, 14 Uhr 04).

Marcel Duchamps „Readymades“ sind vielleicht die revolutionärsten ästhetischen Akte des 20. Jahrhunderts. Triviale Alltagsgegenstände werden wie bedeutende Kunstwerke ausgestellt, was nicht nur die Spielregeln des Kunstbetriebs schockhaft bloßstellt, sondern auch die Routinen unserer Wahrnehmung erschüttert. Der Künstler wendet sich vom Handwerk ab und der Philosophie zu. Duchamp schrieb auch viel über Kunst und Leben und sammelte seine Texte in einer sogenannten „Grünen Schachtel“. Radiokünstler zeitblom hat tief in diese Schachtel hineingegriffen und aus seinen Funden ein Hörstück komponiert. Den verwirrenden Titel fand er ebenfalls bei Duchamp: „Die Braut von ihren Junggesellen nackt entblößt, sogar“ (Deutschlandradio Kultur, 24. Mai, 18 Uhr 30).

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