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Internet: Twittern mit Gefühl

Wie das "Hedonometer" die Stimmungslage mit Daten aus dem Internet untersucht. Doch wie die Stimmung Berlin ist, darauf fehlt die Antwort.

Geht es uns heute gut oder geht es uns schlecht? Sind wir melancholisch oder euphorisch? Antworten auf diese Fragen soll jetzt das „Hedonometer“ geben – ein von zwei amerikanischen Wissenschaftlern entwickeltes Gefühlsbarometer. Die Daten für diesen neuen Algorithmus stammen aus dem Netz. Blogeinträge und Twitter-Feeds – aus dem Zeitraum von 2005 bis heute – werden nach Gefühlsausdrücken durchkämmt. Alle paar Minuten sucht das System nach Sätzen wie „I feel …“ oder „I am feeling …“ Ist die Suche erfolgreich, werden die entsprechenden Sätze herausgepickt, mit einem Datum versehen und ausgewertet.

Begriffe wie „triumphierend“, „Paradies“ oder „Liebe“ gelten dabei als sehr positiv, Begriffe wie „Beerdigung“ oder „Selbstmord“ hingegen als negativ. Entstanden ist auf diese Weise eine Gefühlsskala von eins bis neun, von tieftraurig bis superglücklich. Als glücklichster Tag der vergangenen vier Jahre gilt demnach der 4. November 2008 – Wahlen in den USA. Auch der 20. Januar 2009 – Obamas Amtseinführung – hat einen sehr positiven Wert. Insgesamt korrelieren Ferien und Feiertage mit einer besonders guten Stimmung unter den Bloggern. Umgekehrt war der Tod von Michael Jackson mit einer traurigen Gefühlslage in der Blogosphäre verbunden.

Auf der Seite www.wefeelfine.org sind die Daten zu sehen, auf denen das Gefühlsbarometer beruht. Vor einem schwarzen Hintergrund bewegen sich auf der Seite unzählige bunte Punkte wild durcheinander. Jeder Partikel steht für den „Gefühlsausdruck“ einer einzelnen Person an einem bestimmten Tag. Ein Klick und der Satz erscheint. So zum Beispiel: „Vielleicht spreche ich wie eine komplett andere Person, aber ehrlich gesagt, genauso fühle ich mich auch. Ich fühle mich so glücklich wie noch nie...“, schrieb am 20. März 2007 ein Blogger aus Georgia/USA bei Sonnenschein.

Mittlerweile umfasst der Datenpool mehrere Millionen Gefühlssätze, täglich kommen 15 000 bis 20 000 neue Sätze hinzu. Da Blogs meistens nach demselben Schema aufgebaut sind, ist es bei vielen Sätzen möglich, Alter, Geschlecht und einen Ort zuzuordnen. Alle Daten werden zusammen mit den lokalen Wetterbedingungen gespeichert. Weil an jeden einzelnen Satz verschiedene Zusatzinformationen gekoppelt sind, können die Daten nach bestimmten Kategorien sortiert werden. Zum Beispiel nach bestimmten Gefühlen, nach Ländern oder Städten.

Das funktioniert allerdings noch nicht einwandfrei. Bei einer präzisen Suche nach der Gefühlslage der Berliner Blogger am 31. Juli 2009, präsentiert die Seite keine Ergebnisse. Mit dem „Hedonometer“ sollen außerdem Antworten gegeben werden auf allgemeine, vergleichende Fragen, wie „Sind Europäer häufiger traurig als Amerikaner?“ Ob die Daten aus der Blogoshäre wirklich dazu geeignet sind, Fragen wie diese zu beantworten, bleibt offen.

www.wefeelfine.org

Vera Pache

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