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Internetkonsum: Großer Irrtum Surfen

Die Deutschen vertrauen wenigen Lieblingsseiten im Netz / E-Mail-Nutzung stark vom Alter abhängig.

Von Surfen kann keine Rede mehr sein. Es ist eher ein beschaulicher Rundkurs, den die Deutschen im Internet absolvieren. Ihnen ist das Netz zu groß. Oder anders gesagt, sie sind besonders treue Seiten-Springer. Derzeit gibt es rund zwölf Millionen deutschsprachige Websites. Allerdings nutzen die Deutschen im Durchschnitt privat nur acht Seiten regelmäßig, hat die Studie „Relevant Set im Internet“ festgestellt. Sie wurde vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Seven One Interactive, dem Online- und Multimedia-Vermarkter der Pro Sieben Sat 1-AG durchgeführt.

Allerdings ergeben sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern und den verschiedenen Altersklassen. Männer klicken im Durchschnitt 9,4 Internetseiten regelmäßig an, Frauen nur 6,4. Die 14- bis 19-jährigen Deutschen bevorzugen 5,8 Seiten, die 30- bis 39-Jährigen hingegen 9,1. Die meisten Lieblingsseiten haben Männer zwischen 30 und 39 Jahren. Sie besuchen 11,7 Seiten regelmäßig.

Größeres Medienangebot führt nicht zu vielfältigerer Nutzung

Welche Seiten von den Deutschen bevorzugt werden, das hat die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF), ein Marktforschungs-Zusammenschluss der meisten Online-Werbeträger, erfasst (siehe Grafik). Die Erhebungen zeigen, dass vor allem E-Mail- und Internetdienste wie T-Online, web.de oder GMX zu den Lieblingsseiten der Deutschen zählen. Das ergab die aktuellste Markt-Media-Studie der AGOF. Bei den 14- bis 19-Jährigen gehören auch soziale Netzwerke wie Myvideo (Rang drei) und StudiVZ (Rang neun) zu den regelmäßig besuchten Seiten. Prosieben.de ist in dieser Altersklasse am beliebtesten. Informations- und Nachrichtenportale spielen dagegen in fast keinem Alter die Hauptrolle. Nur bei den 30- bis 39-Jährigen landet Spiegel Online unter den zehn beliebtesten Internetseiten (Rang neun).

Für Matthias Falkenberg, Geschäftsführer von Seven One Interactive, bestätigen die Ergebnisse einen Trend, der bereits aus der Fernseh-Forschung bekannt ist: „Ein höheres Medienangebot führt nicht zwangsläufig zu einer proportional vielfältigeren Mediennutzung.“ Der Internetnutzer wolle nicht auf Schritt und Tritt in vollkommen neue Welten vorstoßen, sondern lieber in bekannter Umgebung nach dem Neuen suchen. „Die gelernten Strukturen helfen, die Komplexität zu reduzieren“, sagte Falkenberg.

Männer sind neugieriger als Frauen, probieren über 20 Seiten im Monat aus

Faul sind die Deutschen im Internet aber nicht. 17 neue Seiten besuchen sie durchschnittlich jeden Monat. Nur finden nicht viele davon den Weg in die persönliche Favoritenliste. Die Männer sind dabei etwas neugieriger. Sie besuchen im Schnitt 20,8 neue Seiten pro Monat, Frauen nur 13. Diese reagieren stärker auf persönliche Empfehlungen.

Kleiner Haken bei der Sache: Nutzerzahlen für Ebay, Google, Wikipedia und SchülerVZ sind nicht erhoben. Die vier Online-Größen beteiligen sich nicht an der AGOF. Auch gehören sie nicht zur Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern. Andere Marktforschungsinstitute wie Nielsen/Netratings weisen für Google weit über 20 Millionen Nutzer pro Monat aus. Damit würde Google auf Platz eins rangieren.

Angaben zum Verhalten älterer Menschen im Internet macht die Seven One-Interactive-Studie nicht, weil nur die sogenannte werberelevante Gruppe der 14- bis 49-Jährigen erfasst wurde.

Auch das Alter ist entscheidend

Wie sehr die Nutzung des Internets vom Alter des Nutzers abhängig ist, zeigt sich auch bei der E-Mail-Funktion. Nach einer aktuellen Erhebung des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e. V. (Bitkom) versenden und empfangen fast drei Viertel aller 14- bis 29-Jährigen täglich private E-Mails. Die Nutzungskurve flacht bei den 30- bis 44-Jährigen auf 61 Prozent ab, bei den Deutschen zwischen 45 und 59 Jahren ist es knapp die Hälfte. Bei den über 60-Jährigen ist es noch gut ein Viertel. Laut Bitkom gibt es zudem Unterschiede beim Geschlecht. So verschicken 59 Prozent der Männer täglich private Mails, bei den Frauen nur 43 Prozent.

Was immer auch an Sinn und Unsinn per Mail verschickt wird, der Umfang ist abhängig vom Bildungsniveau. Die Bitkom-Studie zeigt, dass nur 30 Prozent der Deutschen mit Hauptschulabschluss täglich private Mails versenden. Bei Personen mit Realschulabschluss sind es 46 Prozent, bei Abiturienten knapp zwei Drittel.

In diesem Befund treffen sich die beiden Studien zu Seitennutzung und Mail-Verkehr: Die sogenannten bildungsfernen Schichten haben zu Hause seltener einen Internetanschluss. Bitkom-Chef August-Wilhelm Scheer zog daraus den Schluss, die digitale Kluft sei in Deutschland weiterhin erschreckend groß. Einerseits müssten die Hersteller vermehrt sehr preiswerte Geräte anbieten, andererseits müsste die Computerausstattung der Schulen deutlich verbessert werden.

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