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Die wohl lustigste Frau im deutschen TV: Martina Hill.

© Sat 1

Interview: „Frauen haben Angst, sich zu blamieren“

Schauspielerin Martina Hill über ihre neue Sat-1-Comedyshow, weiblichen Humor und Sex, der witzig ist.

Frau Hill, in „Knallerfrauen“ spielen Sie mal das blonde Dummchen, mal eine genervte Mutter, mal die Karrierefrau. Waren diese Charaktere einfacher oder schwieriger darzustellen als die Fernsehfiguren, die sie in „Switch reloaded“ parodieren?

In beiden Formaten fällt’s mir mal leichter und mal schwerer, aber die Rollenerarbeitung kann man eigentlich gar nicht miteinander vergleichen. Die ist beim Parodieren allein schon in der Vorbereitung viel intensiver. Dabei orientiere ich mich nur an Originalen. Bei „Knallerfrauen“ sind die Figuren fiktiv, sie ergeben sich meistens aus der Situation heraus, da fließt auch ganz viel von der echten Hill mit ein. Aber Gott sei Dank haben die skurrilen und teilweise sehr hemmungslosen Verhaltensweisen in den Sketchen nichts mit mir zu tun.

Was auffällt: Diesmal ist nicht die Stimme das vorrangige Stilmittel Ihrer Wahl. Dafür zeigen Sie vollen Körpereinsatz.

Ich bin viel in Action. In einer Szene versuche ich zum Beispiel, ein Spannbettlaken über eine Matratze zu ziehen, am Ende artet das in einen Kampf zwischen mir und dem viel zu kleinen Stück Stoff aus. Da bin ich ganz schön ins Schwitzen gekommen. Wortlose Sketche dieser Art gibt es viele, und dabei bin ich immer ohne Perücken, aufwendige Kostüme oder geklebte Maskenteile unterwegs.

In den Sketchen wird viel mit Sex gespielt. Ist Sex prinzipiell lustig?

Er sollte zumindest Spaß machen. Sex gehört zum Alltag dazu und kann auch durchaus sehr witzig sein. Deshalb war von Anfang an klar, dass er bei „Knallerfrauen“ eine Rolle spielen wird. Wir haben uns aber nicht allein darauf verlassen. Oft findet er sehr subtil statt.

Gab es für Sie eine Grenze, die Sie nicht überschritten hätten?

Splitternackt durchs Bild rennen, ansonsten, Humor hat für mich keine Grenzen. Bloß nicht verkopft sein und offen für Ideen bleiben, egal was da kommt. Ich sag dann schon stopp. Aber es gab keinen Anlass dazu. Oft passiert in der Fantasie viel mehr. Es gibt einen Sketch, in dem ich eine Frau in einem sehr kurzen und tief ausgeschnittenen Kleid spiele, die einen fremden Mann besteigt und auf ihm herumkrabbelt, breitbeinig über seinem Gesicht hängt, weil sie etwas im Regal sucht. Als sie unter dem Sessel dann ihren Slip findet, wird erst klar, dass sie bei der ganzen eh schon peinlichen Action keinen anhatte. Ich liebe Kopfkino. Beim Drehen solcher Szenen schalte ich den Kopf aus.

Sie haben bei „Knallerfrauen“ zum ersten Mal als Autorin mitgewirkt. Wie kritikfähig waren Sie, als es in den Reaktionskonferenzen um Ihre Texte ging?

Es wäre kontraproduktiv und anstrengend, wenn ich mit Kritik nicht umgehen könnte. Wenn’s um meine eigenen Texte ging, war ich natürlich auf die Reaktionen gespannt und dankbar für jede Idee, aber nie beratungsresistent. Wir haben jeden Sketch durchgekaut und dann wurde abgestimmt, ganz demokratisch. Es war schön, in diesen kreativen Prozess einzutauchen, daran mitzuwirken. Mir wurde mit „Knallerfrauen“ kein Korsett übergezogen. Ich habe nicht einfach nur stur 220 Sketche auswendig gelernt. Für mich war das eine ganz neue und besondere Erfahrung.

Entfernt erinnert „Knallerfrauen“ an „Ladykracher“. Wollen Sie Anke Engelke den Titel der lustigsten Frau im deutschen Fernsehen streitig machen?

Ach woher! Ich wüsste auch gar nicht wie? Konkurrenzdenken tut bei der Arbeit und generell nicht gut, dann müsste ich den Beruf an den Nagel hängen, wenn ich so ticken würde. Ich mache meinen Job, so gut ich kann, und Anke Engelke sowieso. Ich bin absoluter Anke-Fan.

Gibt es denn genug lustige Frauen im deutschen Fernsehen?

Ich kann mich nicht beklagen. Aber je mehr lustige Frauen, desto besser. Ich kann vielleicht nicht mit jeder Kollegin etwas anfangen, aber das trifft auch genauso auf einige der männlichen Kollegen zu. Gott sei Dank ist für jeden was dabei. Ich freu mich zum Beispiel, wenn ich im Fernsehen Cindy aus Marzahn oder Caroline Kebekus sehe.

Parodistin, Comedian, Schauspielerin – wie lautet Ihre Berufsbezeichnung?

Wenn Sie so fragen, dann alle drei, aber ich mache da eigentlich keine Trennung. Es bleibt ein Schauspiel: Ich schlüpfe in verschiedene Rollen.

Könnten Sie sich vorstellen, auch mal in einem Drama mitzuspielen?

Immer her damit! Ich würde gerne mal die durchgeknallte Psychobraut spielen. Derzeit gehen die Angebote tendenziell eher in Richtung Komödie. Was ich super finde. Aber erst letztens bin ich für die Rolle einer verlassenen Ehefrau mit Alkoholproblemen angefragt worden. Leider hatte ich keine Zeit, sonst hätte ich das wahnsinnig gerne gemacht.

Daniela Katzenberger, Sonya Kraus – Ihre Spezialität sind extreme Frauen. Ist das ein Schild, um die private Martina Hill zu schützen?

Es macht mir einfach Spaß, in die Extreme zu gehen und solche Frauen zu spielen. Aber es stimmt schon, dass diese Figuren sehr weit weg von mir sind. Das ist zum Parodieren perfekt, dadurch bekomme ich mehr Abstand zu mir selbst. Der Bruch ist dadurch umso größer. Und auch die Überraschung.

Können Sie überhaupt noch entspannt fernsehen – oder gucken Sie nur noch durch die professionelle Brille?

Das ist bei mir stimmungs- und phasenabhängig. Fernsehen kann inspirieren, muss aber nicht. Ich bin der Durchschnittsgucker, der eher am Abend einschaltet. Ich guck nur aus beruflichen Gründen richtig viel gezielt fern. Filme am liebsten auf DVD im Originalton. Schön auf dem Laptop, mit Kopfhörern auf. Schlecht synchronisierte Filme törnen mich ab, und ich hasse Werbeunterbrechungen, vor allem, wenn’s grad richtig spannend ist.

Es heißt, die ARD verhandele mit Ihnen für eine Sendung mit dem Titel „Das Ernste“. Können Sie schon was verraten?

Dazu kann ich noch nichts sagen. Wenn es etwas Spruchreifes geben sollte, reden wir noch mal.

Gibt es bei Frauen eigentlich eine andere Peinlichkeitsgrenze als bei Männern? Oder heißt die neue Devise: Frau darf alles – auch superpeinlich?

Selbstverständlich darf sie - wenn sie Lust darauf hat!? Frauen haben wahrscheinlich mehr Angst davor, sich zu blamieren, als Männer, deswegen ist die Fallhöhe größer. Aber grundsätzlich ist alles erlaubt, die Grenzen definiert jeder für sich. Wichtig ist nur, dass man selbst damit klarkommt. Peinlich ist, wer Peinliches tut, unabhängig vom Geschlecht.

Das Gespräch führte Nana Heymann.

Parodien auf Heidi Klum, Angela Merkel oder Daniela Katzenberger sind die Spezialität von Martina Hill, die 1974 in Berlin geboren wurde. Sie moderierte bei Radio Eins, bevor sie ins Fernsehen wechselte. Großen Erfolg hatte sie mit der Pro7-Comedyshow „Switch reloaded“, auch bei der „heute-show“ im ZDF war sie zu sehen. Mehrfach wurde Martina Hill für ihre Parodien ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Comedypreis und dem Grimme-Preis. Am Freitag startet ihre neue Sat-1-Show „Knallerfrauen“ (23 Uhr 15), in der Hill Frauen-Klischees skizziert. sop

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