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Wie ein warmer Sommerregen - wenn's gut läuft lassen sich mit Crowdfunding Kunstprojekte, Filme, Unternehmen oder die gute Sache finanzieren.

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Interview: „Für die Amerikaner ist Fundraising Alltag“

Der Chef der deutschen Crowdfunding-Plattform Startnext, Tino Kreßner, erklärt, warum das Mikro-Investieren in den USA besser funktioniert als in Deutschland.

Herr Kreßner, Ihre Plattform hat in den letzten 19 Monaten 224 Projekten zur Finanzierung verholfen. Was war das Erfolgsgeheimnis?

Crowdfunding gibt es in Deutschland jetzt seit rund eineinhalb Jahren. Und man kann mittlerweile schon ganz gut absehen, welche Projekte funktionieren. Es sind vor allem diejenigen, die etwas anzubieten haben, wo der Nutzer nicht nur Geld spendet, sondern hinterher zum Beispiel die fertig produzierte CD erhält.

Muss man schon vorher berühmt sein?
Nicht unbedingt, aber natürlich ist die Erfolgschance höher, wenn Sie im Internet bereits entsprechende Netzwerke oder Communitys aufgebaut haben. Außerdem ist das Pitch-Video sehr wichtig, das Zielbudget muss realistisch, die Projektlaufzeit absehbar kurz und die Gegenleistungen in ihrer finanziellen Höhe angemessen sein. Es nützt nichts, wenn ich eine DVD exklusiv für 50 Euro anbiete, das würde niemand machen.

In den USA hat gerade die Pebble-Uhr Schlagzeilen gemacht, die Macher konnten 10 Millionen Dollar sammeln. Ist das auch hierzulande denkbar?
Crowdfunding für einzelne Produkte aus dem Bereich Design, Spiele oder Unterhaltungselektronik gibt es auf deutschen Plattformen faktisch noch nicht. Denn in diesen Branchen reichen eben – anders als in der Kultur – 10 000 bis 20 000 Euro nicht aus, um ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Das ist aber zurzeit noch unsere Schallgrenze.

Aber der Kinofilm Stromberg hat es doch binnen weniger Tage auf eine Million gebracht.
Bei Stromberg handelte es sich vordergründig um eine Crowdinvesting-Aktion. Die privaten Geldgeber, die für 50 Euro das Stück Kulturaktien gekauft haben, sind hier Investoren, die bei einem Kinoerfolg an den Erlösen beteiligt werden. Gehen drei Millionen Zuschauer ins Kino, erhält man das Doppelte seiner Investition zurück. Das Risiko ist dabei hoch. 2010 schafften es nur vier deutsche Filme über die Millionen-Marke.

Bei Kickstarter werden mittlerweile regelmäßig Millionenbeträge erzielt. Was macht der amerikanische Marktführer richtig?
Zum einen ist es sicher die übersichtliche Darstellung. Wie Kickstarter seine Seite gestaltet hat, das ist vorbildlich. Jedes Projekt ist gleich aufgebaut, die Informationen sind sehr reduziert und übersichtlich. Zum anderen ist es aber auch die Einfachheit der Prozesse. Da ist Amerika schon viel weiter als Deutschland. Die meisten Online-Nutzer haben dort hat eine Kreditkarte oder nutzen Online-Banking, jeder Zweite hat ein Facebook-Account. Wer bei Kickstarter ein Projekt unterstützen oder ein Produkt vorbestellen will, kann das mit vier, fünf Klicks erledigen. Ein Facebook- und ein Amazon-Konto reichen zum Funding aus.

Facebook und Amazon gibt es doch auch in Deutschland.
Die Deutschen sind diesem System gegenüber zögerlich und haben höhere Ansprüche an den Datenschutz. Nur jeder Vierte ist bei Facebook, die meisten Menschen haben keine Kreditkarte und kein Paypal-Konto. Auf Startnext kann man sich deshalb auch Vorkasse-Belege ausdrucken, mit denen man zur Bank gehen kann. Das ist im Sinne des Crowdfundings aber eine Hürde.

In Amerika ist Fundraising ja schon lange üblich, da sammeln schon Schüler Geld in der Nachbarschaft für ihre Klassenfahrten ein. Welche Rolle spielen Mentalitätsunterschiede?
Tatsächlich ist Fundraising für viele Amerikaner Alltag und Kickstarter deshalb ein gutes Online-Instrument für bereits etablierte Prozesse. Der deutsche Konsument ist da generell viel skeptischer, ob er das Versprochene dann auch wirklich bekommt, oder was überhaupt mit seinem Geld passiert.

Trotzdem gibt es schöne deutsche Crowdfunding-Erfolgsgeschichten. Ein Dokumentarfilm über die Berliner Bar25 etwa brachte es auf 29 000 Euro. Warum hat es bei denen geklappt?
Bei den Kreativprojekten spielen Faktoren wie Nähe und Authentizität eine große Rolle. Den Unterstützern ist es wichtig, dass der Initiator aus dem eigenen kreativen oder lokalen Umfeld kommt, dass er eine Vision hat oder eine Geschichte erzählen will, die sonst niemand erzählt.

Der Filmproduzent Tino Kreßner hat mit dem IT-Unternehmer Denis Bartelt „Start-next“gegründet. Das Start-up mit Sitz in Dresden und Berlin betreibt eine Plattform für Mikro- Investitionen.
Das Gespräch führte Astrid Herbold.

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