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Besser als „Fernsehgarten“.  Der Fußballstammtisch „Doppelpass“ läuft bereits 25 Jahre (Sport 1, Sonntag, 11 Uhr). Seit August 2015 wird der Talk mit Journalisten, Sportlern und Experten moderiert von Thomas Helmer, 55, auch bekannt wegen des „Phantomtors“ 1994 gegen Nürnberg, das anerkannt wurde, obwohl der Ball nicht im Tor war.

© Sport1

Interview mit Thomas Helmer: „Christian Streich? Kommt nicht“

Moderator Thomas Helmer über 25 Jahre „Doppelpass“, Lattek und Effenberg, Frauen und Fußball, Polittalks und Phrasenschweine.

Der Fußballstammtisch „Doppelpass“ läuft bereits 25 Jahre (Sport 1, Sonntag, 11 Uhr, einer der Gäste: Uli Hoeneß). Seit August 2015 wird der Talk mit Journalisten, Sportlern und Experten moderiert von Thomas Helmer, 55, auch bekannt wegen des „Phantomtors“ 1994 gegen Nürnberg, das anerkannt wurde, obwohl der Ball nicht im Tor war.

Herr Helmer, fünf Jahre sind Sie schon Moderator im „Doppelpass“. War es schwierig im August 2015 aus dem Schatten von Jörg Wontorra zu treten?

Ich hatte ja das große Glück, vorher Experte sein zu dürfen. So kam ich langsam rein in den Job. Es hat mit sehr geholfen, Wonti zu beobachten. Sobald die Kamera anging, war er top. Egal, wie es ihm vorher ging.

Ein Vorbild?
Unter anderem. Ich hatte früher Ernst Huberty als Coach, noch bei Sat1 „ran“. Er sagte mir: „Thomas, Sie haben schon ein gewisses Talent.“ Ich sagte: „Ja, aber?“ Dann musste ich Texte aufschreiben, Spiele ankündigen. Er hat mich völlig alleinegelassen, wie in der Schule. Danach sagte er: „Das war schon ganz okay, aber stellen Sie sich vor, Sie würden Ihren 100 besten Freunden Fußball erklären.“

So viel Freunde hat kein Mensch.
Genau, ich auch nicht. Aber ich hatte Riesenrespekt vor Huberty.

Ihm sind viele Fußballer gefolgt. Im Fernsehen wimmelt es nur so von Experten und Ex-Kollegen wie jüngst Per Mertesacker im ZDF. Sie sind der erste und bislang einzige frühere Fußballstar in einer prägenden Moderationsrolle. Was sagen die Ex-Kollegen dazu, Effenberg, Basler, Babbel & Co.?
Natürlich flachsen wir, wir kennen uns gut. Ich glaube schon, dass sie meine Rolle komplett akzeptieren. Und natürlich macht es mich ein bisschen stolz, da als Ex-Sportler reingekommen zu sein. Ich bin großer Fan von Rudi Cerne, dem ehemaligen Eiskunstläufer. Jetzt wuppt er nicht nur Sportformate, sondern auch „Aktenzeichen XY“ im ZDF.

Können oder wollen Sie auch anders, außer Sport-TV?
Ich hatte mal ein Casting gemacht für eine Quizshow, in der Nachfolge von Jörg Pilawa. Außer einem Piloten ist da nichts draus geworden. Ich mag es einfach, mit Leuten zu reden, bin nicht der Magazintyp oder Mann für die „Sportschau“. Wenn A gegen B spielt und B gewinnt, ist B vorne, so was eher nicht.

Nicht so viele Zuschauer wie die „Sportschau“, aber immerhin eine Million haben Sie mit dem „Doppelpass“ am Sonntagmorgen. Werden Sie auf der Straße von Fans zum Talk angesprochen, in Hamburg oder wo auch immer?
Ich freue mich über jedes Feedback. „Ach, wir sehen uns am Sonntag wieder“, so was höre ich öfters. Das habe ich anfangs gar nicht begriffen, was da gemeint war.

Wer Sie nicht vom „Doppelpass“ kennt, hat sicherlich auch schon mal vom „Phantomtor“ gehört.
Das lassen wir jetzt mal lieber außen vor (schmunzelt).

Okay. Im Grunde hätte es lange Zeit keinen Moderator im „Dopa“-Talk gebraucht. Da stand jemand anders im Mittelpunkt.
Ich verstehe, wie Sie das meinen, Udo Lattek fehlt natürlich. Udo zu ersetzen, das geht gar nicht. Er war das Aushängeschild. Wir haben es dann auf verschiedene Expertenschultern verteilt.

Es kamen lustige Vögel vorbei: Harald Schmidt, Klaas Heufer-Umlauf oder Oliver Pocher.
Ja. Ich hatte mal Til Schweiger eingeladen. Der wollte gleich mal das Abseits abschaffen. Das war dann auch gleich wieder ’ne Schlagzeile ….

Dazu gleich mehr. Ich habe Sie in der „NDR Talk Show“ mit Ihrer Frau Yasmina Filali gesehen. Sie seien extrem harmoniesüchtig, hieß es da. Sind Sie deshalb Moderator und kein Experte geworden, die ja wie Basler eher auf Krawall aus sind?
(lacht) Ich würde das anders beschreiben. Ich habe Moderation ja nie von der Pike auf gelernt, meine Chefs haben mich machen lassen. Wenn ich darüber nachdenke, nein, es geht mir bei dem Job nicht um Harmoniebedürftigkeit.

Aber als Experte haut man halt mal einen Spruch raus..
Stimmt. Es ist eine andere Rolle.

Apropos, Sie haben sich auch schon als Schauspieler versucht.
Ja, ein einmaliger Ausrutscher, im „Bullen von Tölz“. Ottfried Fischer ist Bayern-Fan, das hat sich so ergeben. Der Dreh hat den ganzen Tag gedauert. Das ist viel anstrengender als Fußball spielen.

Sie sprachen das mit den Schlagzeilen an. Bei allem Erfolg für Sport1, auch quotenmäßig – der Fußballstammtisch wird öfters auch, ja, belächelt: die Besserwisserei, Weißbiermanie, Dauerwerbesendung für Bayern München etc. Nervt Sie das?
Also erst mal, das stimmt mit den Bayern so nicht. Natürlich ist dieser Verein ein Dauerthema, weil sie die meisten Fans haben. Es gibt aber auch Ausgaben ohne Bayern. Außerdem gibt's bei uns kein Weißbier mehr, sondern Alkoholfreies, und, Gott sei Dank …

… das Phrasenschwein.
Ja, das ist unser Markenzeichen. Da soll man uns einfach mal machen lassen. Wissen Sie, ich kann mit der Kritik nichts anfangen. Natürlich kann man in so einem Talk mal einen Scherz machen. Gerade jetzt in der Corona-Zeit haben wir aber stundenlang über sehr ernste Themen gesprochen, die Verantwortung des Fußballs, auch mit Markus Söder. Das Thema wird uns sicher begleiten, und wir werden es weiter seriös behandeln.

Würden Sie mit dem Format gerne ernster genommen werden? Da der Fußball so einen hohen Stellenwert hat, könnte man den „Doppelpass“ ja auch im Range von „Anne Will“ oder „Hart aber fair“ sehen.
Wenn Sie das meinen. Ich persönlich sage immer, man darf sich selbst nicht zu ernst nehmen. Andererseits, wenn ich mir Polittalks manchmal angucke: Da ähnelt sich die Besetzung auch oft und die Anwesenden sagen, mit Verlaub, meist das Gleiche.

Da wären Phrasenschweine angebracht.
Vielleicht, ja.

Gibt es eigentlich Verweigerer, Experten, Insider, Trainer, die sagen: Nein, ich geh’ nicht an diesen Fußballstammtisch?
Christian Streich. Der sagt, das ist einfach nicht meine Sendung. Das müssen wir akzeptieren.

Manche kritisieren, der „Doppelpass“ sei reine Männerrunde.
Das hört sich immer so an, als ob wir keine Frauen einladen. Viele sagen auch: Jetzt zweieinhalb Stunden da hinsetzen und über Fußball reden? Hu … Das traut sich nicht jede zu, obwohl es mittlerweile viele exzellente Sportjournalistinnen gibt. Meine Frau hat aber schon gesagt: Ich mach’ das, wenn du keine findest (schmunzelt).

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