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Nach Ramallah kommen israelische Journalisten selten - bis auf Amira Hass, die dort wohnt.

© picture alliance / dpa

Israelische Journalisten im Ausland: Unter Waffen

"Wir wollen hier keinen israelischen Korrespondenten sehen.“ Aus den Nachbarstaaten zu berichten, ist für israelische Journalisten oft gefährlich.

Als Anfang der Woche Jordaniens König Abdullah bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah zu Gast war, war auch Ohad Hemo vor Ort: Ein Mann mit Glatze, Dreitagebart und Brille, in Israel kennt man das Gesicht des Kanal-2-Reporters, der aus den Palästinensergebieten berichtet. Auf Twitter postete er ein Selfie vor einem Willkommensplakat für den König – und landetet damit prompt in den arabischen Medien. Das mag an der mauen Nachrichtenlage gelegen haben. Oder auch daran, dass ein israelischer Journalist in Ramallah, der als solcher mit Kamera und Mikro erkennbar ist, keine Selbstverständlichkeit ist.

Nach Ramallah, nur eine halbe Stunde mit dem Auto von Jerusalem entfernt, kommen israelische Journalisten eher selten, und bis auf Amira Hass, Reporterin für die linksliberale Tageszeitung „Haaretz“, wohnt dort auch kein israelischer Journalist. „Es ist keinesfalls sicher dort, und ich bin nicht mehr so willkommen, wie ich es noch vor zehn, 15 Jahren war. Ich sammle mein Material und verschwinde wieder“, sagt Ohad Hemo.

Israel ist ein Staat, der unter Nachbarn wenig beliebt, teilweise gar verhasst ist und als schlimmster Feind gilt. So ist die Berichterstattung aus arabischen Staaten und Gebieten in der Nachbarschaft für israelische Journalisten nie einfach, oft gefährlich und manchmal unmöglich.

Wenn Ohad Hemo in den sogenannten A-Gebieten des Westjordanlandes unterwegs ist, die unter vollständiger Kontrolle der Palästinenser stehen, begleiten ihn manchmal palästinensische Bekannte und sorgen für seine Sicherheit: „Manche mit, manche ohne Waffe“, sagt er. Trotzdem bewegt sich Hemo nicht mehr so frei wie früher. Eindrücke von den Straßen, Umfragen unter den Menschen – Ohad lässt meist die Finger davon: „Heute hört man oft: ,Wir wollen hier keinen israelischen Korrespondenten sehen.’“

„Wir verstehen Gaza und die Menschen dort nicht“

Eigentlich verbietet Israel seinen Bürgern, in die A-Gebiete zu fahren. Doch mit Presseausweis ist das möglich: „Vorher muss man ein Dokument unterschreiben, dass Israel nicht verantwortlich ist, sollte etwas passieren“, so Hemo. Komplette Tabuzone ist für Israelis der Gazastreifen, der von der Terrororganisation Hamas beherrscht wird. „Vor mehr als zehn Jahren bin ich alle zwei Wochen nach Gaza gefahren. Heute rede ich mit meinen Quellen nur noch am Telefon“, sagt Hemo. Die eingeschränkte Berichterstattung habe ihren Preis. „Wir verstehen Gaza und die Menschen dort nicht.“

Auch andere muslimische Länder, die Israel als Feind betrachten, sind für Israelis unzugänglich. Dazu zählen der Libanon, Iran und Saudi-Arabien. Dem Journalisten Zvi Barel von „Haaretz“ bleibt da nur der Kontakt zu einzelnen Menschen, die er auf Konferenzen oder bei Aufenthalten in anderen Ländern kennengelernt hat. „Es gibt Menschen, die mit mir reden wollen, auch wenn ich Israeli bin“, sagt Barel, der fließend Arabisch spricht.

Seit 1982 analysiert er die Lage im Mittleren Osten und reist dafür mehrmals im Jahr in die Nachbarländer, zu denen er mit seinem israelischen Pass Zugang hat. „Bei einer Pressekonferenz von Baschar al Assad in Paris, noch vor dem Bürgerkrieg, hat man mich erkannt und mir gesagt, ich müsse den Raum verlassen.“ Zwischen Syrien und Israel herrscht offiziell Kriegszustand. „Auch in Ägypten bat man mich, eine Konferenz zu verlassen.“ Und das, obwohl Ägypten mit Israel einen Friedensvertrag unterzeichnet hat, wie Jordanien.

Ein anderer israelischer Journalist, der seinen Namen nicht preisgeben möchte, um Quellen nicht zu gefährden, kennt das Problem. „Von offizieller Seite spricht in Jordanien und Ägypten niemand mit dir, wenn du für israelische Medien berichtest.“ Er reist nur dann in die arabischen Nachbarländer, wenn dort was los ist, wie bei den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo 2011. Geschichten über gesellschaftliche Entwicklungen, zeitlose Reportagen über die Menschen dort oder wie sie auf Israel blicken, macht er nicht.

Diese Situationen nutzt der renommierte Journalist Itai Anghel, der aus Krisengebieten wie Afghanistan, Syrien und Irak berichtet. Er gilt als einer der Mutigsten, weil er sich als Israeli in Situationen begibt, die für andere Journalisten gefährlich sind. In seiner jüngsten Reportage aus Mossul ist er zu sehen, wie er mit der irakischen Armee umherfährt und mit vom IS befreiten Irakern spricht.

Möglich sind solche Recherchen nur, weil er einen zweiten, nicht-israelischen Pass besitzt, jegliches Equipment zu Hause lässt, das seine Identität preisgeben könnte. „Manchmal kann ich die Angst des Krieges nicht spüren, weil die Angst, als Israeli enttarnt zu werden, größer ist.“

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