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Medien: Jeder Vierte muss gehen

Bis Ende 2007 baut die „Frankfurter Rundschau“ weitere 200 Stellen ab

Die Kantine in Neu-Isenburg war proppenvoll, als gestern um elf Uhr die Betriebsversammlung der „Frankfurter Rundschau“ begann. Drei Stunden später stand fest, was das nunmehr vierte Sparprogramm bedeutet: Bis Ende nächsten Jahres werden 200 der derzeit 750 Stellen gestrichen. 2001 zählte das Druck- und Verlagshaus der „Frankfurter Rundschau“ noch 1650 Mitarbeiter, das Blatt stand am Abgrund. Jetzt geht es darum, einen zweistelligen Millionenbetrag nachhaltig einzusparen, sagte Geschäftsführer Karlheinz Kroke. Nur so lasse sich das auf 2008 vertagte Ziel erreichen, schwarze Zahlen zu schreiben.

Die „Offensive ’08“ kommt nicht ohne Entlassungen aus. Vom Abbau betroffen ist vor allem die Druckerei, aber auch in der Anzeigenabteilung, in allen Verwaltungs- und Servicebereichen und in der Redaktion müssen Mitarbeiter gehen.

Kroke bemühte sich zu vermitteln, dass die Sanierung unabhängig von der Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg (MDS) zu sehen sei. Sie ist seit Juli Mehrheitseigentümerin der „FR“, kaufte sich kürzlich bei der israelischen Zeitung „Ha’aretz“ ein und kündigte vor wenigen Tagen selbst einen Sparkurs an. Jedem Festangestellten, der noch in diesem Jahr freiwillig geht, bietet MDS Abfindungen in Höhe von mindestens 90 000 Euro an. Schuld seien die dauerhaft schrumpfenden Anzeigen- und Vertriebserlöse und der Verlust des Druckauftrags für den „Bundesanzeiger“, der ins Internet verlagert wird. Damit geht der Kölner Verlagsgruppe ein Umsatzvolumen in zweistelliger Millionenhöhe verloren, sagte MDS-Geschäftsführer Christian DuMont Schütte gestern dem Tagesspiegel.

Die „FR“ jedoch müsse unabhängig von M. DuMont Schauberg wirtschaftlich gesunden. Diesen Wunsch des Verlags teilt Chefredakteur Uwe Vorkötter. Sowohl die Auflage (158 586 verkaufte Exemplare, davon 95 090 im Abo und 20 833 am Kiosk) als auch das Anzeigengeschäft müssen wachsen. Dies geht nicht ohne die Ansprache neuer, vor allem jüngerer und weiblicher Leserschichten. Entsprechend forciert Vorkötter die Umstellung vom nordischen auf das halb so große Tabloidformat. Die Entscheidung wird im Dezember fallen. Parallel konzipiert er den Regionalteil neu. Er besteht aktuell aus sechs Ausgaben à zwölf Seiten, produziert von sechs Außenredaktionen. Künftig soll es nur noch drei Ausgaben geben (für Frankfurt, das Gebiet nördlich und südlich des Mains). Offen ist, wie viele der etwa 35 Festangestellten und weiteren Pauschalisten in den Außenredaktionen gekündigt werden.

„Die wirtschaftliche Sanierung und die Produkterneuerung müssen zu einem harmonischen Ganzen gefügt werden“, sagte Kroke den mehr als 400 Beschäftigten, die gestern in die Kantine geströmt waren. Immerhin kündigte er an, dass die „FR“ 2007 zum Flächentarif zurückkehre. Er war zuletzt durch einen Haustarifvertrag außer Kraft gesetzt, wonach die Redakteure auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet hatten. Damit wollten sie im Gegenzug betriebsbedingte Kündigungen vermeiden.

Uwe Vorkötter über die „FR“:

„Das nordische Format ist ein Dinosaurier.“

„Die ,FR‘ gilt als seriös, verlässlich und berechenbar. Nicht unbedingt als überraschend, kreativ und turbulent.“

„Ich will die ,FR‘ wieder zu einer wichtigen Zeitung machen.“

„Die entscheidende Frage lautet: Verändern und entwickeln wir die ,FR‘ schrittweise oder wagen wir einen großen Sprung in die Zukunft?“

„Die ,FR‘ will das mobile Publikum im Rhein- Main-Gebiet erreichen (…) Da müssen wir nicht jedes Vereinsfest im Blatt haben.“

(aus „Horizont“,„kress“)

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