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Kampf den Anglizismen!: „Dschameika“

Wer „Dschammeeka“ sagt, der bekommt Ärger mit dem Verein Deutsche Sprache (VDS). Interview mit dem Vorsitzenden Walter Krämer.

Herr Krämer, dem ARD-Reporter Wilfried Hark wurde vom Verein Deutsche Sprache der „Dschammeeka“-Preis verliehen. Was hat Hark falsch gemacht?

Falsch ist das falsche Wort. In gewisser Weise hat er sogar alles richtig gemacht: nämlich das Land Jamaika perfekt so ausgesprochen, wie es in Amerika ausgesprochen wird: Dschammeeka. Leider lief die Übertragung aber nicht bei dem amerikanischen Sender NBC, sondern in der deutschen ARD.

Der Reporter hat sich laut VDS dem angelsächsischen Ausland „unterwürfig angebiedert“. Ist dieses Urteil nicht unverschämt ?

Im Gegenteil: Das passt perfekt. Ich könnte es noch nachvollziehen, wenn deutsche Reporter Ländernamen in der Aussprache des jeweiligen Landes verwenden, obwohl auch das schon leicht übertrieben ist: Im italienischen, französischen oder englischen Fernsehen findet man das eher selten. Dann müsste es aber „Dschameika“ heißen. Durch die Übernahme der amerikanischen Sprechweise erkennt man implizit die Überlegenheit des angelsächsischen Zivilisationskreises an. Was ist das anders als Anbiederei?

Der ideologisch unverdächtige Feuilletonchef der Hamburger „Zeit“ hat einmal darauf aufbauend einen „Internationalen Servilitätsindex“ konstruiert. Da liegt Deutschland mit großem Abstand unangefochten an der Spitze. Oder glauben Sie, dass ein französischer Reporter jemals vom „Buckingham Pällesss“ oder von der Soundso „Ariehna“ spricht?

Der VDS kämpft, so scheint es, für ein „Reinheitsgebot“ für deutsch sprechende und schreibende Menschen. Ist das nicht aus der Zeit gefallen?

Blödsinn. Da sollten Sie mal besser Ihre Quellen recherchieren.

Wo sitzen die ärgsten „Feinde“ Ihrer Initiative?

All die Leute in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung, die glauben, dass die deutsche Sprache auf den Müllhaufen der Geschichte gehört; beziehungsweise allenfalls noch als „Feierabendsprache“ tauglich ist, wie es Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger einmal in der ARD gesagt hat.

Ihr Verein hat bundesweit 16 000 Mitglieder, eine erstaunlich hohe Zahl. Was tun die Mitglieder, um die Ziele praktisch durchzusetzen?

Ganz einfach: Die deutsche Sprache benutzen und diejenigen, die durch extreme Sprachilloyalität auffallen, auf diese peinliche Illoyalität hinweisen. Denn im Ausland wird dieses Anbiedern an andere genau als das empfunden, was es ist: eine peinliche Missachtung der eigenen Heimat und Kultur. Die Londoner „Times“ hat das einmal typisch deutsche „linguistic submissivness“ genannt.

Der VDS kürt bald den „Sprachpanscher 2012“. Unter den fünf Kandidaten ist auch Pro Sieben Sat 1 wegen Sendetiteln wie „Germany’s Next Topmodel“ oder „The Voice of Germany“. Welche Titel würden Sie denn vorschlagen: „Deutschlands nächstes Spitzen-Modell“, „Die Stimme Deutschlands“?

Das Erfinden deutscher Wörter ist alles andere als einfach, das geht nicht auf Knopfdruck. Es hat zehn Jahre gedauert, bis aus dem airplane das Flugzeug geworden ist. Und auch die assembly line von Henry Ford war nicht sofort das Fließband, das wir heute kennen. Ein überschlauer englischer Reporter hat einmal geschrieben, unser Verband wollte aus dem ballpoint pen das „Rollkugeleingabegerät“ machen. So ein Schwachsinn. Das Ding heißt Kugelschreiber, und das passt perfekt. Das erfordert aber einiges Gehirnschmalz plus eine Portion guten Willens. An beidem mangelt es vielen Deutschen heute ganz offenbar.

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