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Medien: „Keine Lichtshow – kein Spaß“

Herr Brandt, Politik, sagt man, ist heute mindestens zur Hälfte Show. Ist da nicht noch mehr drin?

Herr Brandt, Politik, sagt man, ist heute mindestens zur Hälfte Show. Ist da nicht noch mehr drin?

Ich hatte mal CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer hier, der wissen wollte, was denn die jungen Leute so interessiert. Ich habe ihn gefragt, warum sich eigentlich kein politisch Verantwortlicher um handwerklich gut gemachte Präsentationen kümmert. Entertainment ist doch vor allem gutes Handwerk. Heute stehen auf Parteitagen Menschen in langweiligen Anzügen auf der Bühne und sagen unverständliche Dinge vor großen weißen Wänden mit einem Satz drauf. Keine Lichtshow, kein Sound, keine Effekte und vor allem keine echten Emotionen und kein Spaß! Die Politik kann noch viel lernen. Bislang sorgen sich noch alle um Ihre Ernsthaftigkeit. Ich denke, die Sorge ist unberechtigt.

Würden Sie gerne mal eine politische Großveranstaltung organisieren?

Ich würde sicher gern mal einen Parteitag organisieren – das wäre schon eine geile Sache. Das Problem ist nur, dass wir am Ende für etwas verantwortlich sind, was wir vielleicht so nicht gewollt hätten.

Was, glauben Sie, passiert, wenn ein prominenter Showmaster sich morgen hinstellt und sagt, hier ist meine Partei?

Er hätte im Nu eine Phalanx von Fachleuten hinter sich, die ihn beraten und ein perfektes Programm auf die Beine stellen würden. Ich glaube, dass ein paar Millionen Leute schnell sagen würden, dieser Moderator, das ist ein guter Kerl, dem glaub’ ich, den wähl’ ich.

Was muss man machen, um die Unterstützung der Medien zu bekommen?

Man muss es ungefähr so machen wie Dieter Bohlen. Be entertaining, hab’ kleine Fehler und lebe sie aus. Wen interessiert denn wirklich, mit welcher Frau Herr Bohlen gerade zusammen ist? Uns interessiert die Hauptfigur, Dieter halt. Und wenn er heute ein Ikea-Regal aufbaut und scheitert, ist diese Story sicher spannender als so manche politische Rede. So gesehen hat Herr Möllemann am Anfang alles richtig gemacht. Nur wer weiß, wie der Hase läuft, kann ihn erlegen.

Wie groß, finden Sie, ist zurzeit der Unterhaltungswert der SPD?

Es ist immer eine schöne Geschichte, wenn jemand, der unten ist, am Ende doch gewinnt. Spannend ist auch, wie und ob der große mächtige Kumpel (Schröder) mit dem kleinen sympathischen Kumpel (Fischer) fertig wird. Es ist viel Bewegung im Personalbereich: Wer wird bleiben, wer wird kommen? Im Bereich emotionaler Daily Soap sehe ich da ein großes Potenzial.

Und die CDU? Insgesamt die schlechteren Frisuren, dafür scheinbar solide aufgestellt.

Emotional ein kleines Handicap: fehlende Siegesfreude. Oder können Sie sich Stoiber vorstellen, wie er sich nach gewonnener Wahl mit breitem Grinsen eine Zigarre ansteckt oder durch den Saal tanzt? Ich habe Stoiber noch nie richtig lachen sehen. Und wenn er privat wird, spricht er eine Sprache, die nur im Süden verstanden wird. Das tragische Personal ist mit Friedrich Merz auch gut bestückt, dem Bobby Ewing der CDU-Soap, bei dem man nie weiß, ob es mit ihm auf- oder abwärts geht.

Die Grünen.

Bei den Grünen gibt es eine riesige Kluft zwischen Fischer und dem Rest der Partei – wenig Unterhaltungswert, weil alles geklärt ist und Jute nur begrenzt Spaß macht. Ähnlich bei der FDP nach dem Möllemann-Gau. Bei der PDS gibt es nur Gysi. Auf einer Skala von 0 bis 100 lägen alle Parteien bei einem Unterhaltungsfaktor bei 20.

Haben Sie jemals etwas von der Politik für Ihren Job gelernt?

Nein. Ich nie. Aber viele in unserer Branche.

Und umgekehrt?

Die Politik könnte jede Menge von uns lernen. Wenn die Parteistrategen sich einmal ehrlich fragen würden, was wollen wir, wo stehen wir, was können wir erreichen, was sind unsere Stärken, was unsere Schwächen. Und wenn sie sich dann noch fragen würden, wie gehen andere, zum Beispiel aus dem fiktionalen Bereich, mit ähnlichen Problemen um, dann wären sie schon einen großen Schritt weiter. Sie könnten sich optimal inszenieren – wenn die Politik von der Unterhaltung lernen würde.

Was hat eine Firma wie Endemol den Wahlkampfstrategen der Parteien voraus?

Wir können mit Emotionen umgehen, wissen genau, wie man etwas oder jemanden ins rechte Licht setzt. Und wir wissen, welche Kraft Licht, Musik und Wort wirklich haben können.

Wie mächtig sind die Medien – können sie ein ganzes Land auf den Kopf stellen?

Die Medien zusammen können das. Endemol allein kann das nicht. Wir sind ja kein Medium. Wir liefern nur Futter für die Medien.

Bewegt sich die Politik nicht schon lange auf die Unterhaltung zu?

Nehmen Sie die Talkshows: Schröder mit Putin bei Biolek. Was ist das: Politik oder Show? Die Politik kommt der Unterhaltung immer näher. Ihr fehlt nur die professionelle Vernetzung.

Genau das richtige Feld für Endemol!

Politik ist Ernst und kein Spaß. Wir produzieren nur das, von dem wir auch etwas verstehen.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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