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Medien: Kraus für Strauß

„Kanzler, Krisen, Koalitionen“ – Die RTL-Reihe über die Geschichte der Bundesrepublik startet schwach

Es soll Menschen geben, die nur aus dem einen Grund ein Fernsehgerät besitzen, um sich täglich dessen zu vergewissern, wie berechtigt es doch ist, keine Gebühren an die GEZ zu entrichten. Privat betriebene Stationen muss dies nicht weiter bekümmern, denn es sind ja nur die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die ihre Volksmusikdarbietungen und Nachrichtensendungen zum Teil durch Rundfunkgebühren finanzieren.

Und nun dies: Die Privaten treten zur Informationsoffensive an, wollen den öffentlich-rechtlichen Anbietern die Kompetenz in deren früherem Kerngeschäft, der politischen Berichterstattung, endgültig streitig machen. Vorneweg RTL, der Kölner Spezialist für das Boulevard-Fernsehen, der sich die herannahende Bundestagswahl zu Nutze macht. Was mit dem Polit-Talk „Im Kreuzfeuer“ begann, wird jetzt mit einer vierteiligen Reihe über die Geschichte der Bundesrepublik fortgesetzt, im Titel auf den Stabreim „Kanzler, Krisen, Koalitionen“ getrimmt.

Die erste Folge lief gestern abend: „Adenauer: Die Geburt der Bundesrepublik“. Heerscharen von Zeitzeugen kommen zu Wort. Neben Rudi Carrell und Blacky Fuchsberger dürfen sich auch Helmut Kohl und Johannes Rau öffentlich erinnern; damit nur ja niemand an der Seriosität des Unternehmens zweifele, konnten zwei deutsche Geschichtsprofessoren gewonnen werden, um mit ihren n, die für wissenschaftliche Beratung bürgen sollen, das ganze Unternehmen zu veredeln.

Im ersten Film geht es um die Zeit bis 1969, bis also Willy Brandt Bundeskanzler wurde. Die nahezu 60 Minuten dauernde Dokumentation konzentriert sich auf einen Kanzler, Konrad Adenauer; dessen Nachfolger Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger finden kurz vor Schluss immerhin ausdrücklich Erwähnung. Die Adenauer-Zeit nach RTL kannte Kennedy, nicht aber de Gaulle; Botschafter wurden mit Moskau ausgetauscht und deutsche Kriegsgefangene aus Russland losgeeist – hier übrigens dargeboten in einer jedem Schülertheater spottenden szenischen Nachstellung –, die europäische Integration dagegen fand nicht statt.

Wiederbewaffnung? Wohl nicht so wichtig! Koalitionskrisen? Nicht doch! „Spiegel“- Affäre? Fehlanzeige! Deutschlands Nachkriegsgeschichte, kurzgefasst: Peter Kraus statt Franz Josef Strauß! ARD und ZDF – wir leisten Abbitte!Peter Siebenmorgen

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