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Patient wohlauf! Die Herz-OP im Privatsender Kabel Eins verlief ohne Komplikationen.

© Kabel Eins

Kritisch gesehen: Bildungs-OP

Fernsehen ohne künstliche Dramatisierung: Der Privatsender Kabel Eins zeigte eine Herz-Op in Echtzeit.

Wer öfter mal bei einer Operation dabei sein darf, der weiß: Das anstrengendste im OP ist das stundenlange Stehen. Das hat Kabel Eins den Zuschauern am Donnerstagabend erspart, als es in Echtzeit – aber nicht live, wie es andere bereits planen – eine Operation am offenen Herzen gezeigt hat.

Übertragungen aus dem Operationssaal stoßen auf reges Interesse. Das registriert auch der Tagesspiegel, wenn er einmal im Jahr gemeinsam mit dem Herzzentrum Bernau auf seiner Homepage kurze Live-OPs überträgt. Aber dem Zuschauer gleich 90 Minuten lang eine ganze Operation zuzumuten, das ist gewagt. Das dachte sich wohl auch der Sender und lässt den Sprecher aus dem Off zu Beginn „intensive Bilder“ ankündigen.

Ansonsten wird auf jede Dramatisierung verzichtet. Der Sprecher aus dem Off und die Ärzte erklären ohne jede hörbare Aufregung, was da gerade zu sehen ist, und das mit viel Fachvokabular: Stenose, echokardiografisch, Aorteninsuffizienz, hämodynamisch... In Untertiteln und auch vom Off-Sprecher wird das alles übersetzt. Man wähnt sich im Bildungsfernsehen.

Unsichtbarer Patient

Der Patient, der unter einer verkalkten Herzklappe und verengten Blutgefäßen leidet, ist unter all den OP-Tüchern unsichtbar. Und auch wenn der Chirurg betont: „Wir sind uns stets bewusst, dass wir Menschen operieren“, ist es für den Zuschauer greifbar, wie ein Patient im Operationssaal aufhört, ein Mensch zu sein und wie er zum Operationsfeld wird.

Die meiste Zeit sieht man vor allem Handschuhe und Instrumente. Das Herz ist darunter nur schwer vorstellbar. Wirklich intensiv wird das Ganze nur in wenigen Momenten: Als das schlagende Herz im geöffneten Brustkorb sichtbar wird, als die Ärzte es mit Kalium zum Stillstand bringen, um es zu operieren. Und schließlich, als es nach der OP wieder anspringt...

De Botschaft: Die Chirurgen haben alles im Griff. Dass es oft genug in der Medizin dramatisch zugehen kann, vor allem dann, wenn die OP nicht nach Plan läuft, davon zeigt die Doku nichts. Erstaunlich für die TV-Branche, die allzu oft auf künstliche Dramatisierung setzt. Ingo Bach

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