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„Diesen Anblick werden wir vermissen!“ Gleich mehrfach werden Horst Krause als gleichnamigen Dorfpolizist in seinem letzten „Polizeiruf“ diese Worte hinterhergerufen.

© Oliver Feist/RBB

Letzter "Polizeiruf 110"-Einsatz: Krauses Abschied

Nach 26 Einsätzen in 17 Dienstjahren beim „Polizeiruf 110“ ist Schluss für das Brandenburger Original. Der Schauspieler Horst Krause will jedoch weitermachen.

Es ist zwar kein endgültiger Abschied vom Schauspieler Horst Krause, aber einer vom gleichnamigen Polizeihauptmeister aus Brandenburg. Am Sonntag fährt der wohlbeleibte Polizist ein letztes Mal für den Brandenburger „Polizeiruf“ mit seinem altmodischen Motorradgespann durch die Mark, genauer genommen die Uckermark, den hier spielt die Abschiedsfolge mit dem Titel „Ikarus“.

In 17 Jahren schlüpfte Horst Kraus 26 Mal in seine „Polizeiruf“-Rolle. Er machte den Brandenburger Polizisten zu einer unverwechselbaren Figur im deutschen Fernsehen, ein Original im besten Sinne. Er selbst sagt, er habe mit dem „Polizeiruf“-Krause seine Lebensrolle gefunden. Dass Schauspieler und Figur den gleichen Namen haben, geht auf Bernd Böhlich zurück. Der Regisseur von „Das Wunder von Wusterhausen“ befand 1998: „Warum soll der Dorfpolizist ‚Schulz‘ heißen, wenn er aussieht wie ‚Krause‘? Bei mir heißt er Horst Krause.“ Und Krause hatte in jeder Hinsicht einen festen Stand. Dass er in seiner überdimensionierten Lederjacke und dem längst nicht mehr modernen Helm wie aus der Zeit gefallen wirkte, änderte nichts daran, dass er zugleich immer als Respektsperson wahrgenommen wurde. Seinen Aufforderungen widersetzte man sich nicht. Und trotz seiner behäbigen Erscheinung durfte niemand ungestraft den Fehler begehen, Polizeihauptmeister Krause zu unterschätzen.

Vor allem aber war Horst Krause ein Sympathieträger. Die ARD hat das Potenzial der Kombination des Schauspielers Horst Krause – der auch im Kino mit „Schultze Gets the Blues“ sehr erfolgreich war – und der TV-Figur auch jenseits der Krimireihe erkannt und genutzt. Der Dorfpolizist wurde Titelfigur mehrerer Fernsehfilme. Den Anfang machte 2007 die Weihnachtskomödie „Krauses Fest“, es folgten „Krauses Kur“, „Krauses Braut“ und „Krauses Geheimnis“. Man darf abwarten, was noch kommt.

In Krauses breitem Schatten hatten es die Kommissarinnen nicht immer einfach: Wenn man Sophie Rois hinzurechnet, die Maria Simon während einer Schwangerschaft ersetzte, leistete er insgesamt fünf Kommissarinnen polizeiliche Amtshilfe. Auf Katrin Sass folgten Jutta Hoffmann, dann Imogen Kogge. Das Duo Horst Krause und Maria Simon funktionierte besonders gut. Ihre Kommissarin Olga Lenski ließ den Eigenbrötler Krause gewähren, weil sie wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. Und die allein erziehende Mutter scheute sich nicht, von dem älteren Kollegen auch das eine oder andere Mal einen Ratschlag anzuhören. „Wir werden ihn vermissen“, diesen Satz wird man in der letzten Folge mit Horst Krause mehrfach hören – und er wirkt keineswegs aufgesetzt.

Wer mit Ikarus gemeint ist, wird erst am Ende klar

Der letzte Fall, für den Uwe Wilhelm das Drehbuch schrieb und der von Peter Kahane in Szene gesetzt wurde, hat einen durchaus aktuellen Hintergrund. Die Solarbranche galt lange Zeit als einer der großen Hoffnungsträger speziell für die Wirtschaft in den neuen Bundesländern. Bis die asiatische Konkurrenz die im Westen entwickelte Technologie zu Dumpingpreisen in so großen Stückzahlen selbst produzierte, dass die hiesigen Firmen mit dem Rücken zur Wand standen. So geht es auch der Solarfirma der beiden Freunde Peter Tender (Bernhard Schir) und Martin Reef (Martin Feifel), die nach mehreren Entlassungswellen kurz vor dem Verkauf steht. In dieser Situation verunglückt Reefs Sohn Daniel (Hauke Diekamp) bei einem Flug mit einem alten Doppeldecker. Bei einem Rückenflug reißt sein Gurt und er stürzt in die Tiefe, überlebt jedoch schwer verletzt, weil er in einem Baum landet.

Horst Krause und Kommissarin Lenski müssen nun herausfinden, wie es zu dem Unglück kommen konnte, denn der junge Mann war ein talentierter Kunstflieger. Viel wichtiger aber: Was ist mit dem Flugzeug passiert und mit der jungen Frau (Margarita Breitkreitz), mit der Daniel Reef losgeflogen war und die bei seinem Sturz noch immer in der Maschine saß?

Es versteht sich für einen „Polizeiruf“ von selbst, dass hinter dem Ereignis mehr steckt als Materialermüdung. Die Handlung gibt dem Zuschauer genügend Anknüpfungspunkte, um selbst zur Lösung des Falles zu gelangen. Tatsächlich wird bereits sehr früh deutlich, wie die Dinge zusammenpassen könnten. Immerhin gibt es am Ende mehr als eine Erklärung für die Wahl des Filmtitels „Ikarus“.

Horst Krause verabschiedet sich von der Krimireihe so, wie es zu ihm passt. Der Brandenburg-„Polizeiruf“ mit Maria Simon bleibt. Allerdings unter geänderten Vorzeichen. Kommissarin Lenski wird an die Oder versetzt, sie arbeitet dort in der ersten deutsch-polnischen Mordkommission. Zusammen mit Kommissar Adam Raczek, einem Deutschen mit polnischen Wurzeln, sind sie in einer gemeinsamen deutsch-polnischen Ermittlergruppe tätige. Die Dreharbeiten beginnen im Juli, ausgestrahlt wird die erste Folge voraussichtlich im Dezember.

Inzwischen ist auch bekannt, wer Lenskis Partner spielen wird: Lucas Gregorowicz. Der Schauspieler begann auf der Bühne, es folgten Leinwand- und Fernsehauftritte. Im ZDF-Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ spielte er einen polnischen Partisanenführer.

Horst Krause denkt trotz seiner 73 Jahre nicht an die Rente. „Als Schauspieler hört man nicht einfach auf“, sagt er.

„Polizeiruf 110: Ikarus“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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