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Von Zürich nach Berlin: Lisa Feldmann, hier mit dem Designer Roberto Cavalli, wechselt als Chefredakteurin von der „Annabelle“ zum „Interview“-Magazin.

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Lisa Feldmann wird "Interview"-Chefredakteurin: Die Frau für die Fragen

Von Zürich nach Berlin: Fast zehn Jahre war Lisa Feldmann Chefredakteurin der "Annabelle", jetzt übernimmt sie die Führung des „Interview“-Magazins. Mit problematischen Promi-Gesprächen hat sie schon ihre Erfahrungen gemacht.

Manche Interviews laufen so schlecht, dass sie besser nicht gedruckt werden. Oft wird dann viel erzählt, aber wenig gesagt. Ein solches Gespräch hat Lisa Feldmann, Chefredakteurin des Schweizer Frauenmagazins „Annabelle“, neulich in New York geführt.

Ein Kosmetikhersteller hatte sie zusammen mit einer Kollegin zum Gespräch mit Katie Holmes eingeladen, Schauspielerin und frisch geschiedene Exfrau von Tom Cruise. Eine gute Gelegenheit, um über Holmes Neubeginn, ihr Leben als alleinerziehende Mutter oder ihren Beruf zu sprechen. Aber nein, „No private questions, please“, keine privaten Fragen bitte, habe die PR-Frau mitgeteilt, erzählt Feldmann. Es sollte nur um die Kosmetikmarke gehen und warum Holmes jetzt für sie Werbung macht. „Ärgerlich, wie Interviews inzwischen kontrolliert werden. Wie soll sich da noch ein gutes Gespräch entwickeln?“, fragt Feldmann. Vor dieser Herausforderung wird sie künftig häufiger stehen, denn sie ist die neue Chefredakteurin des Magazin „Interview“, in dem es, logisch, vor allem um Interviews geht.

Noch pendelt Feldmann, 54, zwischen Zürich und Berlin, erst mal ist sie nur montags in der Redaktion in der Mommsenstraße in Berlin-Charlottenburg. In ihrem großen Büro stehen außer weißen Tischen und weißen Stühlen nur ein paar Wasserflaschen herum, an der weißen Wand hängen die ersten Seiten für die nächste Ausgabe, wenn Feldmann reinkommt, klackern ihre Absätze auf dem Partkett gegen den Kopfsteinpflasterlärm an, der durchs offene Fenster hereinweht. Viel mitmischen wolle sie erst mal nicht, sagt Feldmann. Erst mal herausfinden, wie die Redaktion so tickt.

Seit einem Jahr gibt es die „Interview“, die 1969 in den USA von Andy Warhol gegründet, auch in Deutschland. Das Format ist so groß, dass das Heft kaum in eine Handtasche passt. Auch inhaltlich setzt das Magazin auf ein ungewöhnliches Konzept: Promi trifft Promi zum Interview, entwickeln soll sich dabei im besten Fall ein Gespräch unter Gleichen, in einer Atmosphäre, wie sie zwischen Journalist und Promi womöglich nicht entstehen könnte. Doch den legendären Ruf wie einst Warhols Blatt hat die „Interview“, die nach Angaben des Verlags zum Preis von sechs Euro monatlich durchschnittlich 55 000 bis 60 000 Exemplare verkauft, hierzulande nicht – was auch daran liegen mag, dass das Konzept nur selten funktioniert. Schnell enden die Gespräche in Lobhudelei, wie in der April-Ausgabe Sibel Kekilli und ihr „Games of Thrones“-Kollegen Peter Dinklage beweisen. Dinklage: „Arbeitest du eigentlich gerne mit mir?“ Kekilli: „Das brauchst du doch gar nicht zu fragen! Ich liebe es.“

Bloß nicht dem anderen auf die Füße treten, wer weiß, an welchem Set man sich noch einmal sieht, so wirkt das Star-fragt-Star-antwortet-Prinzip. „Sicher besteht bei einer solchen Konstellation immer die Gefahr, dass Interviewer und Interviewter ins Sabbeln geraten, statt in die Tiefe zu gehen. Aber sie bietet auch die Chance, dass der Leser mehr, oder zumindest anderes, Neues erfährt, als im hundertsten Porträt“, sagt Feldmann, die auf Jörg Koch folgt.

Nach fast einer Dekade als „Annabelle“-Chefredakteurin habe es sie „gereizt, noch mal ein Start-up-Feeling zu erleben“. Dazu habe sie eine besondere Beziehung zur „Interview“: Es sei das erste internationale Magazin gewesen, das sie in den Händen gehalten habe. 16 war sie damals und unterwegs in London. Ihre eigene Handschrift hat Feldmann seither vielen Magazinen verpasst. Sie war Chefredakteurin der „Cosmopolitan“, arbeitete bei der „Elle“, dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“, bei „Stern“ und „Tempo“. Die „Annabelle“ aber hat sie besonders geprägt, auch, weil sie sich mit dem Heft in politische Debatten in der Schweiz einmischte. 2006 startete sie mit dem Magazin eine Petition gegen Schusswaffenbesitz in Privathaushalten, im vergangenen Oktober eine Kampagne für die Frauenquote. Die kam bei Verleger Pietro Supino allerdings nicht besonders gut an. Mit dem Ärger um die Quoten-Ausgabe habe ihr Abschied aus der Schweiz aber nichts zu tun, versichert Feldmann.

Sie freut sich auf die neue Aufgabe in Berlin, auch wenn sie um die Herausforderung weiß. „Eine Anfrage für ein Interview gilt ja mittlerweile schon fast als obszön“, sagt Feldmann. „Wenn Stars effektive PR brauchen, dann bestellen sie ein paar Paparazzi zu einem Spielplatz und lassen sich als glückliche, gut gestylte Menschen ablichten.“ Eben deshalb sei die Idee von „Interview“ gut. „Idealerweise finden hier interessante Gespräche auf einer vertrauten Ebene statt.“ An diesem Ideal zu arbeiten wird Feldmanns Aufgabe sein.

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