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Angela Merkel gratuliert Roberto Saviano.

© Ralf Hirschberger/AFP

M100 Media Award für Roberto Saviano: Medien sollten "mehr Komplexität wagen"

Der Mafia-Enthüller Roberto Saviano ist am Donnerstagabend mit dem M100 Media Award geehrt worden. Angela Merkel würdigte seine journalistische Haltung.

Von Hendrik Lehmann

Als er den Saal der Potsdamer Orangerie betritt, ist er von genauso vielen Personenschützern umgeben wie die Kanzlerin, die wenig später eintrifft. Zehn Jahre ist es nun her, dass er sein Enthüllungsbuch "Gomorrha" über die Camorra-Clans in Neapel veröffentlichte, ein Paradebeispiel des Investigativ-Journalismus. Um sein Leben fürchten muss er noch immer.

Dafür bekam er am Donnerstagabend den M100 Media Award, der jährlich im Rahmen des Sanssouci-Colloquiums verliehen wird, bei dem Redakteure, Kommentatoren und Medienunternehmer aus ganz Europa zusammenkommen. Dieses Jahr, um über das Thema „Krieg oder Frieden – Die Rückkehr der Geopolitik, Desintegration und die Radikalisierung der Gesellschaft in Europa“ zu diskutieren.

Die Laudatio anlässlich von Savianos Auszeichnung hielt "Zeit"-Chefredakteur und "Tagesspiegel"-Herausgeber Giovanni di Lorenzo, die politische Hauptrede Angela Merkel. In Zeiten, in denen Nationalismus und Egoismus in Europa auf dem Vormarsch sind, so die Kanzlerin, sei es wichtiger denn je, historischen Verkürzungen entgegenzutreten, kritisch und engagiert. Saviano sei ein Paradebeispiel für einen solchen Journalismus.

In ihrer Rede ging die Kanzlerin vor allem aber auch auf die europäische Krise ein: „Ganz besonders die Entscheidung der britischen Wähler hat uns gezeigt, dass wir noch viel mehr tun müssen, um Europa zusammenhalten und zu verbessern“, sagte Merkel. Von dem Gedanken, dass in Zeiten der Globalisierung noch irgendein Land alleine die gegenwärtigen Herausforderungen meistern könne, müssten sich alle dringend verabschieden, so die Kanzlerin. „Solidarität und Wertezusammenhalt“, das sei der Schlüssel, sagte sie wiederholt. Wie genau diese Solidarität aktuell gestaltet werden soll und welche Werte gemeint sind, ließ die Kanzlerin hingegen offen.

Geld hat immer einen Geruch, sagt Saviano

Laudator Giovanni di Lorenzo hob seinerseits in einer emotionalen Rede den Mut des 35-jährigen Italieners hervor. Mit all dem persönlichen Leid, das der Autor durch seine Enthüllungen auf sich genommen habe: „Der Anti-Mafia-Kampf wird hier zum Überlebenskampf, zur Voraussetzung für eine Existenz, die sich Leben nennen darf.“

Saviano selbst nutzte die Gelegenheit, um Deutschland aufzufordern, mehr gegen Geldwäsche zu tun. Im Gegensatz zum Sprichwort „Geld stinkt nicht“ habe Geld immer einen Geruch, sagte er. „Ein Europa, das den Geruch des Geldes zu erkennen vermag, könnte auch bei Deutschland neu beginnen“, mahnte der Autor. Erfolg könne das jedoch nur haben, wenn es gelinge, diesen Kampf zu führen, ohne dabei die individuelle Freiheit einzuschränken.

Europa riskiere derzeit, von den Menschen seiner Generation als eine Einheit gesehen zu werden, der es nur um wirtschaftliche Zusammenhänge gehe. Um dem entgegenzutreten, sei es einerseits wichtig, für Maximen zu kämpfen, die über Wirtschaftsabwägungen hinaus gingen. Hierfür nannte er den Einsatz für Flüchtlinge als Beispiel. Andererseits forderte er die Medien auf, „mehr Komplexität zu wagen“. Wer versuche, komplexe Zusammenhänge wie die Unterschiede innerhalb der EU vereinfacht zu erklären, der erkläre am Ende gar nichts. Das aber, der Mut zu Komplexität und Vermittlung schwieriger Themen, sei es, was gute Autoren auszeichne. Die Ehrung mit dem Award sieht er als Beweis, dass sich dieser Aufwand lohnt.

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