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Medien: „Männer“ statt „Theologisches“

David Berger leitet nun eine Schwulenzeitschrift.

Normalerweise wäre es kein großes Thema, wenn eine Schwulenzeitschrift einen neuen Chefredakteur bekommt – aber was ist bei diesem Mann schon normal? Die Karriere von David Berger, 45, klingt kurios. Der Theologe machte jahrelang eine glänzende Karriere in konservativen Kreisen, war Chef der katholischen Monatsschrift „Theologisches“. Inzwischen ist er eine Art Kronzeuge gegen Vatikan und Co. geworden – und jetzt ausgerechnet Chefredakteur eines Homosexuellenmagazins. Die erste von ihm verantwortete Ausgabe der Lifestylezeitschrift „Männer“ erscheint an diesem Mittwoch.

Berger fällt im Schwulenviertel von Berlin-Schöneberg nicht groß auf. Hier zog er im vergangenen Jahr von Köln aus hin. Der Sitz des Bruno-Gmünder-Verlags, in dem die Zeitschrift „Männer“ (früher auch „Männer aktuell“) erscheint, ist nicht weit. Mit dem Verlag arbeitete Berger bereits vor Monaten erfolgreich zusammen, als er die Abschaltung des schwulenfeindlichen, radikalen katholischen Portals „kreuz.net“ durchsetzte.

Drei Jahre ist sein Coming-out in der „Frankfurter Rundschau“ her. Nach zwei Jahrzehnten als Vorzeigekatholik hatte Berger im April 2010 sein Schweigen gebrochen, er hatte die Bigotterie satt, etwa dass er seinen Lebensgefährten bei offiziellen Anlässen als „Cousin“ vorstellte, um akzeptiert zu werden. Als er plötzlich nicht mehr dem merkwürdigen Spiel „Was nicht ausgesprochen wird, existiert auch nicht“ folgte, entließ man ihn aus der Päpstlichen Thomas-Akademie in Rom, wo er eine Zeit lang der jüngste Professor gewesen war. Im November 2010 erschien das autobiografische Buch „Der heilige Schein“, eine Abrechnung mit fundamentalistischen Kirchenkreisen. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner entzog ihm daraufhin im Mai 2011 die Lehrberechtigung für katholischen Religionsunterricht. Berger gab seitdem unzählige Interviews, war in Talkshows zu Gast, schrieb Essays und provozierte, beispielsweise mit Thesen zur weit verbreiteten Homosexualität unter katholischen Klerikern. Damit machte er sich eine Menge Feinde, gewann aber auch Fans.

In den vergangenen Wochen hat David Berger ein neues Thema aufgegriffen: Eindringlich warnt er vor französischen Zuständen in Deutschland. Seitdem in Frankreich Hunderttausende gegen die Ehegleichstellung von Homosexuellen auf die Straße gingen, ist dort ein Anstieg schwulenfeindlicher Gewalttaten zu beobachten gewesen. Da die verschleppte Homoehe auch hierzulande wohl noch einige Monate Thema bleibt, verlangt Berger vor allem vom Fernsehen mehr Verantwortungsgefühl. Immer wieder geben Talkshows Leuten ein Forum, die Lesben und Schwule diffamieren, meint David Berger. dpa/mik

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