zum Hauptinhalt

MEDIA Lab: Die Tücken politischer Sprache

"Politisches Framing", das Buch der Kommunikationsforscherin Elisabeth Wehling, warnt vor der Verwendung von Begriffen wie "Islamischer Staat"

Je dreister die Machthaber dieser Welt ihre Propaganda-Trupps einsetzen und je kreativer und zahlreicher die PR-Experten werden, desto wichtiger wäre es, dass Redaktionen bei der Wortwahl und bei Sprachregelungen aufpassen. Doch Pustekuchen. Sie machen sich immer wieder, wohl mehr gedankenlos als absichtsvoll, Begriffe zu eigen, die zu Unworten des Jahres erklärt werden müssten. So programmieren sie unser Denken oft in die falsche Richtung. „Framing“ nennen das die Kommunikationsforscher.

Politische Frames sind immer selektiv

Eine von ihnen, Elisabeth Wehling von der University of California in Berkeley, hat jetzt dazu ein Büchlein „Politisches Framing“ geschrieben, das unter jedermanns Kopfkissen gehört. Wehling macht darauf aufmerksam, dass „Frames immer selektiv“ seien: „Sie heben bestimmte Fakten und Realitäten hervor und lassen andere unter den Tisch fallen.“ Weil sie „einen ideologisch selektiven Charakter haben“ und „gesellschaftliche und politische Gegebenheiten aus einer bestimmten Weltsicht heraus“ interpretieren, verschleiern sie mitunter auch Realitäten eher, als diese zu erhellen.

"Islamischer Staat", ein fragwürdiger Begriff

Von den Dutzenden Beispielen aus der aktuellen Diskussion, die Wehling untersucht, sei hier nur eines aufgegriffen: Unser Umgang mit Muslimen und mit Terrorismus. Da hätten sich in unseren Sprachgebrauch Begriffe wie der „Islamische Staat“ oder die „Islamophobie“ eingenistet. Mit IS nutzten und propagierten wir „einen Frame, der die Terrormiliz als islamisch und als Staat begreifbar macht“. Was die Miliz „sprachlich geschickt bereits in die Welt gesetzt hat, billigen wir ihr nämlich im Weg des vorauseilenden Gehorsams zu“, wenn wir den Frame in unsere Sprache einbürgerten und ihr damit Staatlichkeit bescheinigten und obendrein, dass sie für den Islam stehe. Auch den Begriff „Islamophobie“ hält Wehling für gefährlich: „Islamfeindliches Denken ist eine Geisteshaltung, keine klinische Angststörung“, meint sie gestreng.

Stephan Russ-Mohl

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false