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Twittert viel: Sozialdemokrat Martin Schulz

© dpa

MEDIA Lab: Mit Twitter zum Wahlsieg

Margreth Lünenborg sucht Europa und findet den Sozialdemokraten Martin Schulz

Sozialen Medien haftet vielfach der Geruch an, aus sich heraus emanzipatorisch zu sein – schließlich können alle dabei sein und sich äußern. Doch wer äußert sich tatsächlich? Und wer wird gelesen, geliked und weitergeleitet? Axel Maireder (Uni Wien) und Christian Waldheim (GfK) haben sich das beim Mikroblogging-Dienst Twitter für die Europawahl genauer angesehen. In diesem Jahr haben knapp 450 000 Politiker, Bürger, Journalisten und Aktivisten europaweit zur Wahl getwittert. 12 000 intensive Nutzer gingen in die Analyse ein.

Politiker können über Twitter ihre Message direkt an die Wähler schicken. Der sozialdemokratische Kandidat Martin Schulz hat von dieser Möglichkeit am häufigsten Gebrauch gemacht. In Deutschland folgt darauf – mit deutlichem Abstand – Ska Keller von den Grünen. Weitaus präsenter sind Politiker aller Lager in Spanien, aber auch rechtspopulistische Kandidaten wie der Brite Nigel Farage oder Marie Le Pen aus Frankreich. Sie nutzen den Kanal zur Mobilisierung der Unterstützer, werden aber auch international intensiv gelesen.

Schaut man sich die Netzwerke an, die durch Twitter gebildet werden, so zeigen sich als Erstes enge Verbindungen innerhalb eines Sprachraums und einer Nation. Nur die Institutionen der EU und einige britische Medien wie der „Guardian“ und der „Economist“ bilden tatsächlich europäische Verbindungen. Zumeist bleiben auch die politischen Lager sauber voneinander getrennt. Interessant wird es dort, wo jenseits der etablierten Akteure neue Sprecher auftauchen. Blogger und Aktivisten spielen eine relevante Rolle in der Twitter-Debatte zur Europawahl. Die spanische Protestbewegung 15M ebenso wie der deutsche Blog netzpolitik.org werden als politische Stimmen sichtbar. Netzaktivisten sind in Ländern wie Spanien und Italien intensiv miteinander verbunden, hier formen sie einen deutlichen Gegenpol zum Mainstream von Medien und Politik. Deutlich ist, dass Twitter als Kommunikationsmedium im Wahlkampf fest etabliert ist. Eine europäische Öffentlichkeit stellt Twitter jedoch bislang kaum her: Osteuropäische Stimmen bleiben nahezu stumm.

Margreth Lünenborg

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