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Twitter-Tweets können Angst und Schrecken verbreiten

© REUTERS

MEDIA Lab: Tweeting Terror

Klaus Beck sieht Netzwerke wie Twitter als Plattformen der "IS"-Propaganda

Vor zehn Jahren hoffnungsfroh gestartet, enttäuscht Twitter nicht nur ökonomisch. Statt über die vermeintliche „Twitter-Revolution“ des Arabischen Frühlings berichten die Medien nun , wie islamistische Terroristen das „soziale Medium“ nutzen, um ihre Gewalttaten in Wort und Bild zu feiern. 125 000 Twitter-Accounts wurden 2015 deshalb geschlossen. Dabei ist die Verbindung von Terrorismus und Medien nicht neu: Ohne die Medien wären Furcht und Schrecken des Terrors immer lokal begrenzt geblieben. Die medienwirksame Inszenierung von Gewalt als symbolischer Drohung ist nicht erst seit 9/11 ein Wesenszug des Terrors. Die Massenmedien kommen zwar kaum umhin, über die Taten zu berichten, müssen aber die ideologischen Botschaften nicht übernehmen.

Terroristen wollen den Journalismus aushebeln

Mit Social Media vollziehen Terroristen nun auf perfide Weise nach, was Unternehmen und Politiker längst tun: Sie versuchen den Journalismus auszuhebeln. An den Redaktionen vorbei verbreiten sie nicht nur „Märtyrerberichte“ aus Syrien und Irak oder salafistische Lehren, wie die Analyse „Tweeting the Jihad“ von Jytte Klausen zeigt. Der selbsternannte „IS“ verwendet professionelle Mittel der Unterhaltungsindustrie, die früher staatlicher Kriegspropaganda vorbehalten waren: Pop- und Rap-Kultur, Anleihen bei Comics, TV-Serien und Videospielen, und sogar die berüchtigten Katzenfotos prägen das Twitter-Angebot (#catsofjihad). Neu ist auch nicht, Propaganda unter falscher Flagge zu verbreiten: Dem „IS“ gelang es zeitweise, populäre Hashtags zu kapern oder seine Botschaften mittels Handy-App über harmlos wirkende Privat-Accounts zu senden.

Tweets sind keine gute Nachrichtenquelle

Man darf sich nicht täuschen lassen: Die globale Weiterverbreitung spontan und authentisch wirkender Tweets aus Nahost geht auf ein kleines, aber gut organisiertes Aktivistennetz in Europa zurück. Deshalb stellen Tweets auch keine gute Quelle für den Journalismus dar, dem derzeit oft die normalen Recherchewege versperrt sind. Ohne die mediale Verstärkung bleibt die Reichweite von Twitter so mager wie die Unternehmenserlöse: In Deutschland nutzen nicht einmal fünf Prozent Twitter.

Klaus Beck

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