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Vorbild für investigativen Journalismus: Laura Poitras.

© dpa

MEDIA Lab: Zu heikel, zu heiß

US-Journalisten haben mittlerweile Angst vor investigativen Recherchen. Zwei Hoffnungsschimmer: Der Oscar für "Citizenfour" und ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Missstände zu enthüllen, ist eine zentrale Aufgabe von Journalisten. Nur trauen sich das immer weniger.

Das Pew Research Center, ein Meinungsforschungsinstitut in Washington, befragte 671 Investigativ-Journalisten und erfuhr, dass zwei von drei sich von der amerikanischen Regierung überwacht fühlen – aber jeder zweite findet, dass die Medien wenig dagegen unternehmen. Diese Entwicklung färbt bereits auf die Arbeitsweise ab. Jeder dritte Befragte gab an, vorsichtiger mit Kollegen zu kommunizieren, jeder zweite ging mit heiklen Dokumenten vorsichtiger um als früher. Das kann man auch positiv sehen. Ganz sicher nicht aber diese Befunde: 13 Prozent der Befragten verzichten aus Angst offenbar auf bestimmte Quellen. Fünf Prozent ließen schon einmal von bereits begonnenen, heiklen Geschichten ab – und fragten sich, ob investigatives Arbeiten nicht „zu heiß“ für sie sei.

Die Studie beschreibt eine beunruhigende Entwicklung, wenngleich die Lage in den USA beschrieben wird. Und mit dem Geheimdienst NSA vergleichbare Übergriffe in deutschen Medienhäusern noch nicht bekannt sind.

Es gibt zwei Ermutigungen: Die Oscar-Prämierung von Laura Poitras Dokumentation „Citizenfour“ über Edward Snowden und damit auch für die journalistische Leistung, Bedrohungen unseres Privatlebens und der Demokratie abwehren zu helfen. Zudem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das Schweizer TV-Journalisten Recht gab, die sich gegen das Verbot des versteckten Filmens wehrten. Die Richter schützen ein wichtiges Instrument, stellen aber keinen Freibrief aus: Wer Film- oder Tonbandaufnahmen heimlich aufnimmt, macht sich persönlich strafbar. Es sei denn, er kann als Journalist ein überragendes öffentliches Interesse und einen Missstand plausibel machen, für den Belege anders nicht zu beschaffen sind.

Medienhäuser müssen ihre Redaktionen bei investigativen Recherchen schützen und stützen. Und den ethischen Kompass an der Sachlage ausrichten. Vor diesem Hintergrund sind auch #szleaks und #tazgate zu bewerten.

Marlis Prinzing

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