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Nikolaus Brender: Sein nicht ganz freiwilliger Abgang beim ZDF versetzte die Medienwelt in Aufruhr.

© dapd

Medienpolitik beim ZDF: Der Fall Brender: Schwarz schlägt Rot

Wer hat Nikolaus Brender im November 2009 um das Amt des ZDF-Chefredakteurs gebracht? Um den Fall ranken sich Legenden. Und er dreht sich um die Frage, wie staatsfern die Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Senders wirklich sind.

Die Abstimmung fand am 27. November 2009 statt. Die 14 Mitglieder des ZDF-Verwaltungsrates mussten über die Verlängerung des Chefredakteur-Vertrags von Nikolaus Brender, im Amt seit 2000, abstimmen. Die Fronde der Brender-Gegner wurde vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) angeführt. Beim Votum gab es mit sieben zu sieben Stimmen ein Patt, neun Stimmen wären zur Verlängerung notwendig gewesen. Brender verließ das ZDF im März 2010, Peter Frey wurde sein Nachfolger.

Ernst Elitz, früherer Intendant des Deutschlandradios, hatte im Interview mit dem Tagesspiegel vom 1. November gesagt: „Man muss mal mit der Legende aufräumen, dass der Verwaltungsrat des ZDF mehrheitlich mit Politikern besetzt ist. Gegen die Verlängerung des Brender-Vertrages haben nicht nur Politiker gestimmt, sondern auch Vertreter von Verbänden etc.“

Gegen diese Aussage gibt es Widerspruch. Aus Kreisen der Beteiligten heißt es, die eine Behauptung von Ernst Elitz sei so falsch wie die andere. Folgende Beweisführung wird aufgemacht. Im November 2009 seien von den 14 Mitgliedern im Verwaltungsrat neun dem „schwarzen Block“ und fünf dem „roten“ zuzurechnen gewesen. Beide Fraktionen und damit das gesamte Gremium seien mehrheitlich von Parteipolitikern, aktiv und ehemalig, besetzt gewesen. Zu den „schwarzen“ Vertretern gehörten beispielsweise Koch, Edmund Stoiber (Ex-Ministerpräsident Bayern, CSU), Bernd Neumann (Staatsminister für Kultur und Medien, CDU) und Hildegund Holzheid (Ex-Verfassungsgerichtspräsidentin Bayern, langjährige Vorsitzende der Frauenunion Bayern). Nur zwei der neun Konservativen seien nicht derart fixiert gewesen: der Verleger Dieter Beuermann und Gerd Zimmermann, Rektor der Bauhaus-Uni Weimar.

Die fünfköpfige „rote Bank“ war durchweg sozialdemokratisch: Kurt Beck (Ministerpräsident Rheinland-Pfalz, SPD), Matthias Platzeck (Ministerpräsident Brandenburg, SPD), Ilse Brusis (NRW-Arbeitsministerin a.D., SPD), Roland Issen (Ex-Vorsitzender der DAG, SPD), Reinhard Scheibe (Staatssekretär a. D., SPD).

Bei der Abstimmung seien die Parteipolitiker in der Mehrheit gewesen, eine andere Lesart sei gar nicht möglich, sagen Beteiligte. Dann gab es mit sieben zu sieben Stimmen ein Unentschieden, wie Kurt Beck, der Vorsitzende des Verwaltungsrates, verkündete. Heißt, zwei Vertreter aus dem „schwarzen“ Lager müssen für Brender votiert haben, aber für die erforderliche Mehrheit von neun Stimmen hat es trotzdem nicht gereicht. Unwidersprochen bleibt: Die Voten für Brender kamen von Beuermann und Zimmermann.

Für die Gegner der Elitz-Behauptung ist damit erwiesen: Erstens war der Verwaltungsrat eindeutig parteipolitisch dominiert, zweitens hat kein Vertreter von Verbänden gegen Brenders Verlängerung gestimmt. Damit falle die „Legende“ von Ernst Elitz in sich zusammen.

Die Frage, wer sich bei der Abwahl wie verhalten hat, ist mehr als eine Frage der Rechthaberei. Die Causa Brender war Anlass eines anhängigen Normenkontrollverfahrens von Rheinland-Pfalz vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den ZDF-Staatsvertrag. Im Kern geht es um die Staatsferne der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Senders. Das Abstimmungsverhalten Ende 2009 ist da ein wichtiger Mosaikstein.

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