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Medien: Medienrepublik (58)

Ulrike Simon jammert nicht, spottet nicht und ist auch kein bisschen hämisch Alle Jahre wieder findet in Berlin das Klassentreffen der Medienleute statt. Man nennt es „Generalversammlung des Verbands der Deutschen Zeitschriftenverleger“.

Ulrike Simon jammert nicht, spottet nicht und ist auch kein bisschen hämisch

Alle Jahre wieder findet in Berlin das Klassentreffen der Medienleute statt. Man nennt es „Generalversammlung des Verbands der Deutschen Zeitschriftenverleger“. Das heißt so, damit die anderen glauben, das sei eine langweilige Veranstaltung. Der Vorteil: Man bleibt unter sich. Viele hat man seit dem vergangenen Jahr nicht mehr gesehen – was oft schade ist, manchmal ist man aber auch ganz froh darüber. Und wie beim Klassentreffen kommt man dann in diese wirklich peinlichen Situationen. Man steht da, in der Linken das Weinglas, in der Rechten die Zigarette, und dann das: Ein Mensch kommt auf einen zu – ganz sympathisch, denkt man. Der Mensch lacht, freut sich sichtlich über das Wiedersehen. Doch, doch, das Gesicht kommt einem bekannt vor. Aber, verdammt noch mal, wer ist das? Wie heißt der Kerl? Woher kennt man den? Es ist wirklich zum Jammern.

Aber jammern, das haben sich die Verleger diesmal fest vorgenommen, das wollen sie jetzt alle nicht mehr. Auch wenn Jammern der Gruß der Kaufleute sei, wie Hubert Burda, der Verbandspräsident, sagte. Ab sofort, ordnete Burda an, sollen alle viel mehr lachen – nicht nur die Verleger, auch die Politiker. Mit Jammern seien Investoren nämlich nicht zu locken. Dann holte Burda Superminister Wolfgang Clement auf die Bühne. Der jammerte dann erst mal, die Medien sollen doch aufhören, über die Regierung, die gesamte Wirtschaft, die Krise zu jammern. Die ließen sich das kein drittes Mal sagen und machten das, was sie sowieso viel besser können: spotten.

Burda, der, wie gesagt, gerade das Jammern abgestellt hatte, hatte sich überlegt, erstmals bei diesen Klassentreffen einen Preis zu verleihen. Wer gewinnt, lacht schließlich, und darum ging es ihm ja. Den Preis sollten Firmen kriegen, die im Gegensatz zu anderen in den gedruckten Medien noch Anzeigen schalten. Die Gewinner: Beiersdorff, BMW und die Bahn. „Höhö, und im nächsten Jahr zeichnen wir dann alle Firmen aus, die mit ’nem C beginnen“, sagten die ehemals jammernden Spötter und lachten. Auch über Medienleute, die auf der Suche nach neuen Kontakten und einem neuen Job verloren durch die Menge liefen. „Ham’se den gesehen?“, spotteten die Ex-Jammernden, „der lief hier ’rum, und keiner hat mit ihm geredet. Geschieht ihm recht.“

Vielleicht sollte Hubert Burda den Unterschied zwischen Jammern, Spotten und Häme noch mal erklären.

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