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Europa muss seine Souveränität auch im Digitalen bewahren, fordert ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm auf den Münchner Medientagen.

© Felix Hörhager/dpa

Münchner Medientage: Immer wieder Google

Die Novelle des EU-Urheberrechts beschäftigt die Medientage München. Und 800 Unterzeichner eines Offenen Briefes.

Wie schafft man es, trotz der Kritik an der EU-Urheberrechtsreform die Vorteile der Neuregelung zu erklären? Auf den 33. Münchner Medientagen sprach sich der Vizepräsident des Zeitungsverlegerverbands BDZV, Valdo Lehari, dafür aus, die verengte Debatte um Uploadfilter durch Aufklärung zu beenden. „Die Reform ist etwas für die jüngere Generation und nicht gegen sie“, sagte Lehari am Mittwochabend in München.

Die neuen Regeln des EU-Urheberrechts gelten offiziell seit Sommer. Seither haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Der Medienrechtler Johannes Kreile sagte mit Blick auf den Protest zu Uploadfiltern, dass es Desinformation gegeben habe. Es gehe um eine zusätzliche Haftungsbestimmung für Provider. Bereits heute gebe es ähnliche Verfahren. Was man wolle, ist: dass sich amerikanische Big Player dem europäischen Maßstab des Urheberrechtes anschließen.

Zustimmung für Reform

Für die Reform gab es Zustimmung. Die ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab betonte, dass grundsätzlich das Anliegen der Urheberrechtslinie, Rechtssicherheit zu schaffen, für den gesamten digitalen Binnenmarkt richtig sei. Der Leiter Medienpolitik bei der Mediengruppe RTL Deutschland, Claus Grewenig, sagte, Urheberrecht und Leistungsschutzrechte seien die Basis, um kreativ tätig zu sein.

Gegen die Übermacht von US-Internetkonzernen helfen nach Einschätzung von Medienexperten und Politikern nur bessere Zusammenarbeit in Europa - und bessere Werte. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich zum Start der Medientage für eine alternative europäische Internetplattform ausgesprochen: „Entweder sind wir bereit, den Wettbewerb anzunehmen, oder wir werden am Ende nur Konsumenten sein von anderen Wettbewerbern.“ Söder warf in seiner Rede deutschen Medienhäusern und besonders der Medienpolitik mangelndes Reformtempo vor. Vieles gehe zu langsam. Der ARD-Vorsitzende und BR-Intendant Ulrich Wilhelm betonte: „Es ist unverzichtbar, dass sich Europa seine Souveränität auch im Digitalen bewahrt.“

Unterdessen werfen mehr als 800 Journalisten aus Deutschland und anderen Ländern dem US-Internetgiganten Google die Untergrabung der europäischen Urheberrechts-Reform vor und forderten die Politik zum Gegensteuern auf. Google weigere sich weiterhin, für die Verbreitung von Medieninhalten in seinem Onlinedienst zu bezahlen, begründeten die Journalisten ihre Forderung in einem offenen Brief. Sie sehen dadurch journalistische Vielfalt und Demokratie bedroht und fordern einen „Gegenangriff der öffentlichen Entscheidungsträger“.

Richtlinie in Frankreich in Kraft

Frankreich hat die Urheberrechtsrichtlinie als erstes EU-Land bereits umgesetzt. Am Donnerstag trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Dennoch weigert sich Google bislang, mit Medienunternehmen über eine Bezahlung zu verhandeln. Damit lasse Google den Medien nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie stellten einen „Blankoscheck“ für den US-Konzern aus und verzichteten auf Bezahlung.

„Das ist der Tod auf Raten, der Redaktionsräume in Europa leert, so wie das schon in den Vereinigten Staaten der Fall ist“, heißt es in dem Brief. Oder sie weigerten sich und hofften weiterhin auf eine Vergütung ihrer Arbeit. Für diesen Fall habe Google jedoch „beängstigende Repressalien“ angedroht.

Google hatte vergangenen Monat angekündigt, Ausschnitte aus Artikeln sowie Fotos und Videos nicht mehr ohne Zustimmung der Mediengruppen online zu veröffentlichen. Wenn Medienunternehmen dies ablehnen, will Google nur noch mit einer Überschrift auf die externen Inhalte verlinken. Nach Angaben von Google dürften die Klickzahlen auf den Seiten der Medien damit deutlich zurückgehen.

Die Unterzeichner des offenen Briefs forderten die Politik auf, die Richtlinie so zu stärken, „dass Google sie nicht mehr uminterpretieren kann, indem sie das gesamte Arsenal an Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nutzen“.

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs zählen unter anderen die Auslands-Chefkorrespondentin von RTL, Antonia Rados, sowie Peter Kropsch als Vorsitzender der Europäischen Allianz der Nachrichtenagenturen (ENEA) und Geschäftsführer der Deutschen Presse-Agentur.

Weiteres Thema auf den Medientagen: der neue Medienstaatsvertrag. Er könnte im Dezember von den Ministerpräsidenten beschlossen werden. „Wir haben einen Durchbruch beim Medienstaatsvertrag erlangt“, sagte die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) über ein Treffen der Rundfunkkommission der Länder am Vortag im bayerischen Elmau.

Es seien offene Fragen geklärt worden. Zum Beispiel ging es um Regeln für ein Diskriminierungsverbot oder leichte Auffindbarkeit von wichtigen Inhalten. Der neue Medienstaatsvertrag soll den bisherigen Rundfunkstaatsvertrag ersetzen. Das Medienrecht soll dem Rechnung tragen, dass sich die Medienwelt im großen Wandel befindet und zum Beispiel Plattformen im Internet eine große Relevanz bekommen haben, die Medieninhalte bereitstellen.

Im November sollen noch einige Feinheiten geklärt werden, sagte Raab. „Jetzt steht der Beschlussfassung am 5.12. auf der Ministerpräsidentenkonferenz nichts mehr im Wege.“ Wenn alles so kommt, könnte der Medienstaatsvertrag im Herbst 2020 in Kraft treten. Der Zeitplan ergibt sich aus der notwendigen Umsetzung der europäischen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie). Diese muss bis Mitte September 2020 in nationales Recht umgesetzt sein. Tsp/dpa/AFP

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